Not macht erfinderisch – aber ist das gut? (Interview mit der dpa) 05.06.2023

Über diesen Anruf haben wir uns gefreut. Unsere erste Vorsitzende Anja Braekow findet klare Worte.  Der Artikel wurde in zahlreichen Zeitungen abgedruckt, wir haben hier vier Links exemplarisch eingefügt.

Das System Kita steht vor dem Kollaps, Tagespflegepersonen können helfen aber sind auch nicht die Lösung für alle Probleme.

https://www.news4teachers.de/2023/06/wir-koennen-den-nicht-erfuellen-fachkraefteverband-fordert-den-rechtsanspruch-auf-einen-kita-platz-auszusetzen/

https://www.zvw.de/baden-w%C3%BCrttemberg/kita-misere-not-macht-erfinderisch-aber-ist-das-gut_arid-671740

https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.kita-misere-in-baden-wuerttemberg-not-macht-erfinderisch-aber-ist-das-gut.942bea78-4d8c-42b5-b9dd-d37ac997666d.html

https://www.stern.de/gesellschaft/regional/baden-wuerttemberg/bildung–kita-misere–not-macht-erfinderisch–aber-ist-das-gut–33577542.html

Für Rückfragen stehen wir zur Verfügung, ebenso für Interviewanfragen.

Für eine Chancengleichheit brauchen wir bessere Lösungen als einen Rechtsanspruch der von Anfang an ( seit 10 Jahren) nicht erfüllt werden kann.

Monatsbericht Mai 2023

Sehr geehrte Damen und Herren,
aufgrund der Pfingstfeiertage  erhalten Sie erst heute unseren Monatsbericht von  Mai 2023.
Auch im Mai hatten wir einige für uns wichtige Kontakte und haben viel Zeit mit der Planung unserer Aktivitäten und unserer Weiterentwicklung verbracht. Uns ist der Austausch und die Kooperation rund um die Kita – Welt sehr wichtig. Gemeinsam können wir etwas verändern.
Wir stehen für Austausch oder Rückfragen selbstverständlich zur Verfügung.
Wir bedanken uns für Ihr Vertrauen und die schon statt findende Zusammenarbeit.
Herzliche Grüße vom Verband Kita-Fachkräfte BW

Pressemitteilung zur Änderung der KitaVO (24.05.2023)

Schon jetzt ist das System Kita massiv überlastet und statt die Überbelegung der Gruppen zurückzufahren, werden die Maßnahmen bis Ende des Kitajahrs 2025 verlängert. Die getroffenen Maßnahmen dienen nur im ersten Schritt einer Ausweitung des Platzangebots, welches vor Jahren hätte durch die Kommunen geschaffen werden müssen. Im zweiten Schritt werden diese Regelungen aber zu einer weiteren Fachkräftefluktuation führen und die Kitas zum Kollabieren bringen. „Wir sind entsetzt, dass die Notlösungen nun über Jahre verstetigt werden sollen und sehen diese Entscheidung, die sich völlig jeglicher Logik und Empfehlungen entzieht, sehr kritisch“ stellt Anja Halder, Vorstandsmitglied vom Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg, fest.
 „Wir brauchen jetzt langfristige und nachhaltige Lösungen. Es ist nicht zielführend auf eine große offene Fleischwunde ein weiteres kleines Pflaster zu kleben“, merkt Anja Braekow, ebenfalls Vorstandsmitglied, an. „Wir rufen erneut dazu auf, einen Bildungsgipfel mit allen Entscheidern und Betroffenen durchzuführen. Die AG Frühkindliche Bildung am Kultusministerium ist zwar mit Vertretern der Träger besetzt, aber leider haben wir Fachkräfte bisher keine Einladung zur Mitarbeit erhalten“ weist Braekow hin.
„Die Verlängerung der Maßnahmen zeigt die Wertigkeit der frühkindlichen Bildung in unserem Bundesland. Es ist erschreckend zu sehen, wie unwichtig die Bildung unserer Kinder ist,“ stellt Anja Halder fest. „Die Gesellschaft und die Wirtschaft müssen einbezogen werden, schließlich sind die Arbeitnehmer von Morgen aktuell bei uns in den Kitas“ führt Halder weiter aus.
Fachkräfte brauchen mehr als nur einen Blumenstrauß oder Hände schütteln am Tag der Kinderbetreuung. Sie brauchen eine Aussicht auf Verbesserung der Rahmenbedingungen und das umgehend. Es braucht Lösungen, die nicht von kommunalen Budgets abhängig sind. „Seit Jahrzehnten beobachten wir, dass sich die Bedingungen in Kitas verschlechtert haben und kaum mehr frühkindliche Bildung möglich ist. Die Kommunen standen hierbei immer in der Pflicht, Kitaplätze zu schaffen und Arbeitsplätze für pädagogisches Personal attraktiv zu gestalten“ äußert sich Braekow zu der Lage. „Wir als Berufsverband sind strikt gegen diese Aufweichungen, denn die mehrfach verlängerte Ausnahme von Heute ist der neue Standard von Morgen“ schließt Braekow ab.

Wir im Fernsehen (Beitrag bei Baden TV vom 22.05.2023)

Die Lage in den Kitas ist angespannt, der Fachkräftemangel in aller Munde.

Am Montag, den 22.05.2023 waren wir als Verband bei BadenTV zum Live Talk eingeladen. Unser Mitglied Monika Landmann, Kitaleiterin aus der Nähe von Bruchsal bringt es auf den Punkt und antwortet klar und deutlich auf alle Fragen. Danke für Deinen Einsatz.

https://www.baden-tv.com/mediathek/video/badne-tv-aktuell-montag/

 

Ab Minute 7.20 kannst Du hören was uns gerade bewegt, was wir fordern und wozu wir aufrufen!

Möchtest auch Du dabei sein und aktiv etwas verändern, wir freuen uns auf Dich! Wir geben den pädagogischen Fachkräften eine Plattform und ein Gesicht.

Wir sind unter diesen Rahmenbedingungen nicht mehr bereit zu arbeiten, keine weitere Absenkung der Standards. Wir arbeiten lösungsorientiert und transparent.

 

 

Podiumsdiskussion der Kreisdelegierten Versammlung der SPD Lörrach (13.05.2023 )

Am 13.05.2023 fand im Landkreis Lörrach die Kreisdelegierten Versammlung der SPD statt. Im Rahmen dieser Sitzung fand eine Podiumsdiskussion statt. Das Thema war „frühkindliche Bildung“. Eingeladen waren Jonas Hoffmann, Landtagsabgeordneter der SPD, Klaus Eberhardt, Oberbürgermeister von Rheinfelden, Kreisrat und Fraktionsvorsitzender der SPD, Frau Friederike Mehl, Abteilungsleiterin für Sozialpädagogik und Pflege der Fachschule für Sozialpädagogik Lörrach und unsere erste Vorsitzende Anja Braekow als „Stimme aus den Kitas in BW“. Die Moderation hatte Sven Widlarz, Kreisvorsitzender der SPD.

Mit dieser Podiumsdiskussion sollten verschiedene Blickwinkel auf die derzeitige Kita Krise geworfen werden. Mit der Auswahl der Podiumsteilnehmer*innen war es möglich sehr unterschiedliche Blickwinkel auf die Situation zu werfen.

Folgende Themen wurden angesprochen:

  • Was macht die Krise im frühkindlichen Bereich aus?
  • Wer ist eigentlich eine Fachkraft?
  • Die Ausbildung und deren Herausforderung.
  • Ist es zeitgemäß tatsächlich nur Fachkräfte zu beschäftigen?
  • Träger und deren Aufgaben und Probleme

Anschließend konnten noch Fragen gestellt werden.

Bei diesem offenen Austausch wurde klar, dass es keine Pauschal Lösung gibt. Die Situation in den Kitas ist ernst, es ist Aufgabe der Politik hier an der Qualität festzuhalten und nicht ständig die Standards zu senken.

Wir bedanken uns für die Möglichkeit zu sprechen und freuen uns auf weitere Begegnungen.

Wir treffen uns mit Daniel Born, Sprecher der frühkindlichen Bildung der SPD Fraktion BW (11.05.2023)

Am Donnerstag, den 11.05.2023 hatten wir erneut ein Online-Meeting mit Daniel Born, Sprecher der frühkindlichen Bildung der SPD Fraktion und seiner Referentin Anja Wilhelmi- Rapp. Von Seiten des Verbands waren Anja Braekow, 1. Vorsitzende und Anja Halder, 2. Vorsitzende vertreten.

Folgende Themen kamen zur Sprache:

  • Absenkung der Standards in Kitas und deren Folgen
  • Kita-Gipfel BW – wir brauchen ihn jetzt!
  • Kita der Zukunft – wie kann diese aussehen oder wie wird sie aufgrund der Sparmaßnahmen aussehen?
  • Ansprechpartner in Wirtschaft und Öffentlichkeit sensibilisieren um auf die Probleme die aufgrund abgesenkter Bildung auf uns als Gesellschaft zukommen aufmerksam zu machen und Lösungen zu suchen
  • KVJS als Aufsichtsbehörde
  • Finanzielle Anreize schaffen für das System Kita
  • Perspektiven für Fachkräfte und Eltern finden

Wir sind uns einig, dass satt und sauber nicht ausreicht. Die Kita legt den Grundstein für eine gute und stabile Bildungsbiografie eines jeden Kindes. Die Eltern brauchen ebenso Unterstützung und pädagogische Beratung. Es muss mit Best Practise Beispielen gearbeitet werden statt einem „irgendwie geht es schon“.

Indem die Standards nach und nach abgesenkt werden, gewinnt die Öffentlichkeit den Eindruck, dass es doch irgendwie geht und wir befürchten, dass der rechtliche Rahmen und Vorgaben nie mehr angehoben werden. Diese darf nicht geschehen. Der Zukunftsparagraf darf so, wie er aktuell geplant ist nicht zu Stande kommen.

Wir bedanken uns für den zielführenden und inhaltlich wertvollen Austausch. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit, gerne auch im Rahmen eines Kita-Gipfels BW.

Pressemitteilung: Personalmangel in Kitas in BaWü immer dramatischer (17.05.2023)

Eine im Mai 2023 veröffentlichte Umfrage des Verband Bildung und Erziehung kam zu dem Ergebnis, dass sich die Situation in baden-württembergischen Kitas immer weiter verschlechtert. Seit langem weisen wir vom Verband der Kita-Fachkräfte BaWü auf die mitunter desaströsen Zustände im System Kitas hin. „Die Schere zwischen Wunsch und Wirklichkeit geht immer weiter auseinander. Unsere Mitglieder berichten uns von innerer Zerrissenheit zwischen pädagogischem Anspruch und Bildungsarbeit auf der einen und Betreuung um jeden Preis auf der anderen Seite“ schildert Anja Halder, Vorstandsmitglied des Verbands Kita-Fachkräfte BW die aktuelle Situation. Schon lange ist klar, dass die Ansprüche und Anforderungen nicht mehr erfüllt werden können. Laut der aktuellen Umfrage gaben 94% der Kita-Leitungen an, dass ihnen nicht einmal die personelle Mindestbesetzung zur Erfüllung des rechtlichen Rahmens zur Verfügung steht. „Dies hat zur Folge, dass die Aufsichtspflicht oft nicht erfüllt werden kann. Uns stellt sich hier die Frage, warum dies hingenommen wird? Wo ist das Verantwortungsbewusstsein und die Fürsorge unseren Kindern und den pädagogischen Fachkräften gegenüber?“ fragt Anja Braekow, ebenfalls Vorstandsmitglied. „Immer mehr Kindertageseinrichtungen kürzen ihre Öffnungszeiten wegen Personalmangel, um ihrer Aufsichtspflicht gerecht werden zu können. Dies dient vor allem dem Schutz der Kinder und des Personals. Natürlich freut es keinen, weder Eltern noch Kinder, pädagogische Fachkräfte oder Arbeitgeber, wenn dieser Punkt erreicht ist aber es ist ein deutliches Signal – so geht es nicht weiter, wir müssen gemeinsam etwas ändern“ führt Braekow weiter aus.
Pädagogische Fachkräfte verletzen beinahe täglich die Aufsichtspflicht, nur um die Betreuung aufrechtzuerhalten. Frühkindliche Bildung kann unter diesen Umständen nicht mehr stattfinden. In der Hauptsache geht es vielen Akteuren, egal ob auf politischer oder kommunaler Ebene um die Betreuung der Kinder, egal wie und von wem scheint das neue Merkmal in Baden-Württemberg zu sein. Über frühkindliche Bildungsqualität wird schon lange nicht mehr diskutiert, sondern um jeden Betreuungsplatz gerungen.
Die pädagogisch wertvolle Arbeit am Kind kann unter diesen Umständen nicht mehr erfüllt werden und anstatt die Gruppengröße zu minimieren, um Kinder entwicklungsgerecht zu begleiten, soll die Gruppengröße erhöht werden. „Das ist in unseren Augen keine Lösung. Frühkindliche Bildung kann so nicht sattfinden und die Kinder erfahren keine angemessene Entwicklungsbegleitung. Gerade die Bildungsarbeit ist es aber, die unseren Beruf so lebenswert macht. Wenn diese nicht mehr sichergestellt wird, führt dies dazu, dass immer mehr pädagogische Fachkräfte aus Frust den Arbeitsbereich verlassen“ untermauert Braekow die Sicht des Verbands.

Bereits 2004 haben Experten und Fachlehrer aus der frühkindlichen Bildung einen Fachkräftemangel prophezeit. Beinahe 20 Jahre später hat die Politik zwar begonnen das Ausmaß des Mangels zu erkennen, doch die einzige Lösung ist, die Zustände noch mehr zu verschlechtern, indem der Betreuungsschlüssel abgesenkt und die Gruppengrößen erhöht werden soll.  „Nicht das Fehlen des Fachkräfte-Nachwuchses ist das Problem, sondern diese im Berufsfeld zu halten. Dafür müssen dringend attraktive Arbeits- und Rahmenbedingungen geschaffen werden. Davon sind wir aktuell weit entfernt. Wir müssen endlich wieder über Qualität statt Quantität sprechen“ fasst Anja Halder zusammen. „Zumindest ist es ein richtiges und wichtiges Zeichen in Richtung der Kitas, dass in Baden-Württemberg die Leitungsfreistellung erhalten bleiben wird. Es ist ein Anfang, auch wenn diese im Stundenumfang nicht ausreichen und die administrativen Aufgaben nicht gesehen werden.“ schließt Braekow ab.

PM Umfrage VBE Mai 2023 _ Brief

 

Wir treffen uns mit Dennis Birnstock, Sprecher der frühkindlichen Bildung der FDP Fraktion BW (28.04.2023)

Am Freitag, den 28.04.2023 hatten wir das nächste Austauschmeeting mit dem Sprecher der frühkindlichen Bildung der FDP, Herr Dennis Birnstock. Den Verband vertrat unsere erste Vorsitzende Anja Braekow. Mit dabei war Anna-Lena Johnsen, sie ist Mitarbeiterin des Vorstands und baut gerade unser Netzwerk Stuttgart auf.  Das Treffen fand per Videomeeting statt.

Die Themen waren:

  • Das Positionspapier der FDP Fraktion BW „Frühkindliche Bildung – verlässlich und zukunftsfähig“
  • Der Zukunftsparagraf, besonders die Formulierung „Experimentierklausel“ des Städtetags BW
  • Informationsfluss KVJS – Träger
  • Personalschlüssel – Wunsch und Wirklichkeit
  • Notfallpläne – sollten verpflichtend werden, wir haben Herrn Birnstock ein Beispiel vorgestellt.

Wie bereits bei den letzten Treffen stellen wir schnell einen Konsens fest, wir brauchen einen Kita-Gipfel mit allen Entscheidern und auch den Fachkräften und Eltern. Gemeinsam nach Lösungen suchen erscheint sinnvoll und muss endlich flächendeckend in Baden-Württemberg geschehen.

Das Positionspapier der FDP-Fraktion ist inhaltlich sehr umfassend, natürlich muss bei allen Konzepten mit Abstrichen gerechnet werden. Wichtig ist, es darf nicht auf dem Rücken der Fachkräfte, Kinder und Eltern passieren, darüber sind wir uns alle einig.

Herr Birnstock erscheint als zugewandter, interessierter und offener Gesprächspartner. Wir haben uns gerne mit ihm ausgetauscht und merken, dass wir einen Politiker gegenüber haben, dem das Thema „Frühkindliche Bildung und Qualität! am Herzen liegt und der lösungsoffen arbeitet.

Wir bedanken uns für das wertschätzende und inhaltlich gute Gespräch und freuen uns auf weitere Begegnungen, online oder persönlich über unser neues Netzwerk in und um Stuttgart.

Für einen nationalen Bildungsgipfel (Nachtrag vom 14.03.2023)

Für einen Nationalen Bildungsgipfel: Breiter Appell an Bundeskanzler und Länderchef:innen
Pressemitteilung

Leistungsdefizite, Chancenungleichheit, Pädagog:innenmangel: Die massiven Probleme im deutschen Bildungssystem verletzen die Rechte jedes einzelnen Kindes und Jugendlichen auf bestmögliche Bildung und haben Folgeschäden für die gesamte Gesellschaft. Deshalb erfordern sie politisches Handeln in gesamtstaatlicher Verantwortung. Ein breiter Kreis aus Stiftungen, Verbänden und Gewerkschaften appelliert an den Bundeskanzler und die Regierungschef:innen der Länder, mit einem Nationalen Bildungsgipfel einen grundlegenden Reformprozess im Bildungswesen einzuleiten.

14.März 2023

Die Lösung der massiven Probleme im deutschen Bildungssystem duldet keinen weiteren Aufschub. Aus dieser Überzeugung heraus richtet ein breiter Kreis aus Stiftungen, Verbänden und Gewerkschaften einen gemeinsamen Appell an alle Verantwortlichen in der Politik. Anlass ist der heutige Bildungsgipfel am Rand der Bildungsforschungstagung des Bundesbildungsministeriums, der mit Blick auf Format, Vorbereitung, Agenda und Teilnehmende der Dimension der Herausforderung nach Ansicht der Unterstützer:innen des Appells nicht gerecht wird. „Es ist höchste Zeit, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und die Regierungschef:innen der Bundesländer einen echten Nationalen Bildungsgipfel einberufen. Dieser Gipfel sollte alle relevanten Akteur:innen in der Bildung an einen Tisch bringen und den Auftakt zu einem grundlegenden, gesamtgesellschaftlichen Reformprozess markieren, um einen Neustart in der Bildung einzuleiten“, appellieren die Unterstützer:innen.

Die Alarmsignale sind längst unverkennbar und zeigen sich bereits in der frühen Bildungsphase: Bundesweit fehlen Hunderttausende Kita-Plätze, zudem können viele Kitas aufgrund einer nicht kindgerechten Personalausstattung ihren Bildungsauftrag nicht mehr erfüllen. An den Grundschulen wiederum gehen die Leistungen seit Jahren zurück, vor allem in den Basiskompetenzen Lesen, Schreiben, Zuhören und Rechnen. Auch an den weiterführenden Schulen sinkt das Leistungsniveau auf allen Ebenen dramatisch. Der Anteil der Jugendlichen ohne Schulabschluss bleibt hoch. Zugleich wächst die Zahl junger Menschen, die im Berufsleben den Anschluss verlieren: Mehr als eine halbe Million junge Erwachsene zwischen 20 und 34 Jahren gehen weder einer Arbeit noch einer schulischen oder beruflichen Ausbildung nach. Neben individuellen Risiken erwachsen daraus auch soziale und wirtschaftliche Belastungen für die Gesellschaft. Ein Kernproblem deutscher Bildungspolitik bleibt über alle Bildungsstufen hinweg ungelöst: Bildungserfolge hängen hierzulande noch immer zu stark von der sozialen Herkunft ab. Auf diese Weise werden die Chancen und Rechte von Kindern und Jugendlichen beschnitten und Begabungen vergeudet.

Strukturelle Probleme angehen: Fachkräftemangel, Finanzierung, Steuerung

Obwohl sich alle Beteiligten viel Mühe geben: Dem Bildungssystem gelingt es immer weniger, die Fehlentwicklungen zu korrigieren. Das liegt zum einen am massiven Mangel an Lehrer:innen und pädagogischen Fachkräften, der sich in den kommenden Jahren noch zu verschärfen droht. Darunter leiden nicht nur die Verfügbarkeit und Qualität der Bildungsangebote an Schulen und Kitas, sondern auch das vorhandene Personal. Die steigende Arbeitsbelastung, insbesondere durch nicht pädagogische Aufgaben, mindert die Attraktivität der Berufsbilder und schreckt künftige Nachwuchskräfte ab. Die Engpässe haben auch Folgen
für die Wirtschaft: Fehlende Plätze in Kitas und der Ganztagsförderung von Grundschüler:innen erschweren die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, während häufiger Unterrichtsausfall die Vermittlung grundlegender Kompetenzen für die Fachkräfte von morgen behindert.

Ein weiteres Problem stellt die Finanzierung des Bildungssystems dar. Sie ist häufig weder auskömmlich noch sozial gerecht. Gerade im Bereich der außerschulischen Angebote ist das Geld zu knapp und nicht langfristig zugesichert. Zudem werden Gelder noch immer zu oft nach dem Gießkannenprinzip verteilt, anstatt sie gezielt dort einzusetzen, wo sie am meisten
bewirken können.

Schließlich behindert die Struktur des Bildungssystems selbst Anpassungen und Reformen. Die unsystematische Verflechtung der politischen Ebenen erfordert komplexe Abstimmungen, sowohl zwischen Bund, Ländern, Kommunen und den jeweils beteiligten Ressorts, als auch mit den Trägern. Wohin das führt, zeigen zum Beispiel die zähe Umsetzung des Digitalpakts, der schleppende Ausbau des Ganztagsangebots für Grundschulkinder, die stagnierende Inklusion oder das Fehlen bundesweiter Qualitätsstandards in vielen Bereichen. Gefragt ist eine neue Kultur der Bildungszusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen, wie sie der Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt hat.

Es braucht eine Initialzündung auf den höchsten politischen Ebenen

Allerdings lässt es die Dringlichkeit der Probleme nicht zu, auf eine Neuordnung der kommunalen und föderalen Zuständigkeiten zu warten. Die Missstände im Bildungswesen reichen weit über Kitas und Schulen hinaus. Sie gefährden sowohl die Chancen und Rechte jedes einzelnen jungen Menschen als auch die Zukunft unserer Wirtschaft, Gesellschaft und Demokratie. Bildung soll den jungen Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung helfen und Orientierung bieten. Sie soll es ihnen ermöglichen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, an der Gesellschaft teilzuhaben und diese mitzugestalten. Sie soll ihnen die Kompetenzen vermitteln, um in der immer komplexeren Arbeitswelt ihren Platz zu finden. Bildung ist die Grundlage für wirtschaftlichen Wohlstand, Innovationskraft und die Zukunftsfähigkeit unserer demokratischen Gesellschaft. Daher ist es erforderlich, jetzt die Weichen für ein leistungsfähigeres, begabungs- und chancengerechteres Bildungssystem zu stellen.

Um den dringend benötigten Reformprozess herbeizuführen, braucht es eine Initialzündung auf den höchsten politischen Ebenen. Ein Nationaler Bildungsgipfel wäre das starke Signal, die Bildung endlich zur gemeinsamen Chef:innensache zu erklären. Der Bundeskanzler und die Regierungschef:innen der Länder haben das nötige Gewicht, um gemeinsam mit den Bildungs-, Wissenschafts- und Jugendminister:innen von Bund und Ländern, Vertreter:innen aus der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik, aus Wirtschaft, Wissenschaft, Bildungspraxis, Zivilgesellschaft sowie von Eltern und Schüler:innen zusammenzubringen. Der Nationale Bildungsgipfel sollte den Auftakt zu einem kontinuierlichen Dialog- und Reformprozess mit gemeinsamen Arbeitsstrukturen markieren. Dabei müssen sich alle relevanten Akteur:innen auf gemeinsame Ziele sowie geeignete Maßnahmen verbindlich einigen und darauf hinwirken, diese in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung pragmatisch, lösungsorientiert und entschlossen umzusetzen. Denn nur mit vereinten Kräften kann der Neustart in der Bildung als elementare Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands gelingen.

Den Appell unterstützen:
Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.
Allgemeiner Schulleitungsverband Deutschlands (ASD)
Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.
Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
Bertelsmann Stiftung
BöfAE e.V. (Bundesarbeitsgemeinschaft öffentlicher und freier Ausbildungsstätten für Erzieherinnen und Erzieher)
Bund der Freien Waldorfschulen e.V.
Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt)
Bundeselternrat
Bundesverband der Kita- und Schulfördervereine e.V.
Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung e.V. (BvLB)
Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V.
Deutsche Kinder- und Jugendstiftung
Deutsche Liga für das Kind e.V.
Deutsche Telekom Stiftung
Deutscher Caritasverband
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)
Deutscher Lehrerverband
Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Deutsches Komitee für UNICEF e.V.
Diakonie Deutschland
Dieter Schwarz Stiftung
Dieter von Holtzbrinck Stiftung GmbH
Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule – Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens e.V. (GGG)
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
Grundschulverband e.V.
Heraeus Bildungsstiftung
Karg-Stiftung
Kita-Fachkräfte-Verband Hessen e.V.
Kita-Fachkräfteverband Niedersachsen-Bremen e.V.
komba gewerkschaft
Körber-Stiftung
Landesverband Sozialpädagogischer Fachkräfte Berlin e.V.
National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention e.V.
Reinhard Mohn Stiftung
Robert Bosch Stiftung
Schöpflin Stiftung
SOS-Kinderdorf e.V.
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.
Stiftung Bildung
Stiftung Haus der kleinen Forscher
Unternehmerstiftung für Chancengerechtigkeit
Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. – Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft
Verband für Kitafachkräfte NRW e.V.
Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg
Verband Kita-Fachkräfte Bayern e.V.
Verband KiTa-Fachkräfte Rheinland-Pfalz
Verband Kitafachkräfte Saar
Verband Sonderpädagogik e.V.
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di
Vodafone Stiftung Deutschland
Wübben Stiftung
ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius
Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland

#NeustartBildungJetzt

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2023/maerz/fuer-einen-nationalen-bildungsgipfel-breiter-appell-an-bundeskanzler-und-laenderchefinnen