Es sieht aus wie eine Schachtel Taschentücher, der Druck bereitet uns aber wenig Freude. Gemeinsam mit den anderen Fachkräfte Verbänden schreiben wir ans Familienministerium.
Kooperation_Taschentücher1
Verband Kitafachkräfte Baden-Württemberg
Wir stehen für Veränderung in der Kitawelt!
Es sieht aus wie eine Schachtel Taschentücher, der Druck bereitet uns aber wenig Freude. Gemeinsam mit den anderen Fachkräfte Verbänden schreiben wir ans Familienministerium.
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In den letzten zwei Jahren haben sich bundesweit 10 Kita-Fachkräfte Verbände gebildet. Gemeinsam haben wir einen Brief an Frau Schwelling, Landesvorsitzende der Grünen verfasst. Es ist uns wichtig, dass wir gemeinsam auf Probleme und Missstände hinweisen.
Hier kannst Du den kompletten Brief lesen:
Sehr geehrte Frau Schwelling,
Sie sprechen öffentlich davon, dass größere Kita-Gruppen kein Weltuntergang seien. Jedes
Kind muss einen Betreuungsplatz erhalten, das sei oberste Priorität. Dafür müssten eben
noch mehr Kinder mit schlechteren Standards betreut werden.
Bitte setzen Sie sich mit dem gesetzlichen Auftrag der Kitas, der als Bundesgesetz
deutschlandweit festgeschrieben wurde, auseinander. Im SGBVIII Abschnitt 3 §§ 22-26 ist
unmissverständlich geregelt, dass das Recht auf Betreuung nicht über dem Recht auf Bildung
und Förderung steht, sondern dass es sich hier um einen Dreiklang handelt. Wer das Thema
Kindeswohl und Kinderrechte ernst nimmt, kann keine Betreuung um jeden Preis fordern.
Ihre Partei verfolgt das Ziel, die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Das passt nicht
zu Ihrer Haltung, die Qualität der Bildung und Förderung weiter zu verschlechtern, um alle
Kinder irgendwie unterzubekommen.
Die rote Linie, bei allem, was wir in der Kita tun, verläuft beim Thema Kindeswohl.
Aufsichts- und Fürsorgepflicht haben Kita-Fachkräfte unter allen Umständen zu
gewährleisten. Kindeswohlgefährdungen beginnen nicht erst mit Hämatomen, blutenden
Wunden und körperlicher Verwahrlosung.
Aktuell haben mehr als 150 Wissenschaftler*innen (auch aus Baden- Württemberg), die zum
Who is who der Frühpädagogik und Sozialwissenschaften gehören, einen Brandbrief
unterzeichnet.
Sie zeigen drastisch auf, wie schlecht es um die Betreuungsqualität in den Kitas bestellt ist
und wie wenig kindgerecht die Rahmenbedingungen sind. Sie schlagen außerdem konkrete
Maßnahmen vor, wie in der aktuellen Situation politisch gehandelt werden müsste.
Erhöhung der Gruppenstärken gehört nicht zu den Vorschlägen.
In den letzten beiden Jahren haben sich in 10 Bundesländern Kita-Fachkräfteverbände
gegründet, die 12 Bundesländer vertreten. Die Mitglieder kommen aus der Praxis und
engagieren sich neben ihrer Arbeit in der Kita für kindgerechte Rahmenbedingungen. Dass
verschiedene Bundesländer nun die bereits unzureichende pädagogische Qualität weiter
aufweichen wollen, erfüllt uns mit großer Sorge. Deshalb haben sich unsere Verbände für
einen gemeinsamen Brief an Sie entschieden, den wir auf unseren online-Seiten
veröffentlichen werden. Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Diskussion darüber, wie
weit der reale Kita-Alltag von kindgerechten Bedingungen entfernt ist.
Der Kita-Fachkräfteverband Baden-Württemberg ist gerne bereit, mit Ihnen über den KitaAlltag in den Einrichtungen zu sprechen und kann ihnen Hospitationsmöglichkeiten
vermitteln.
Sie können über folgende Fragen mit Kita-Fachkräften ins Gespräch gehen:
Diese Fragen sind lediglich als Anregung gedacht und erheben keinen Anspruch auf
Vollständigkeit. Die Kita-Fachkräfteverbände haben Vorschläge und konstruktive Lösungen
erarbeitet, was in der angespannten Situation getan werden kann und welche Maßnahmen
mittel -und langfristig getroffen werden müssen, um unseren Kindern einen kindgerechten
Alltag zu gewährleisten.
Nutzen Sie die Expertise der täglichen Praxis, stellen Sie Fragen und suchen Sie gemeinsam
mit den Kita-Fachkräften nach Antworten und Lösungen!
Kitas sind keine Aufbewahrungslager, in denen lediglich noch ein paar zusätzliche
Regalmeter geschaffen werden müssen, damit alles unter ist. Sobald das körperliche, geistige
und seelische Wohl der Kinder nicht mehr vollumfänglich gewährleistet ist, kann man von
aus pädagogischer Sicht durchaus von einem Weltuntergang sprechen. Die Welt der der
Chancengleichheit, der frühkindlichen Bildung, der Möglichkeiten, sich zu entwickeln und
zu entfalten ist massiv bedroht, wenn Betreuung um jeden Preis zum obersten politischen
Ziel wird.
E I N E K O O P E R A T I O N D E R K I T A – F A C H K R Ä F T E V E R B Ä N D E I N D E U T S C H L A N D
Mit freundlichen Grüßen,
im Auftrag der Kita-Fachkräfteverbände in Deutschland
Hier der Brief zum runterladen:
Brief an Frau Schwelling (Vebände)
Am 12.09.2022 wurde folgende Pressemeldung veröffentlicht:
Im Verlauf äußerte sich Frau Schwelling:
Selbstverständlich können wir diese Aussage nicht so stehen lassen und so haben wir uns mit einem Brief an sie gewandt:
Sehr geehrte Frau Schwelling,
Wir verstehen, dass Sie in der aktuellen angespannten Situation reagieren müssen.
In diesem Zusammenhang möchten wir uns zunächst bei Ihnen vorstellen:
Seit unserer Gründung im Januar 2021 sind wir ein stetig wachsender und aktiver Verband.
Gemeinsam mit Eltern, Trägern und Interessierten machen wir uns auf den Weg um die Bedingungen in den Kitas in Baden-Württemberg bedeutend zu verbessern. Wir wollen, dass Kitas zu einem Ort werden, an dem Kinder, Eltern und Pädagogen gemeinsam wachsen, leben und sich weiterentwickeln können – denn „wir stehen für Veränderung!“.
Wir verfolgen kontinuierlich unsere Ziele:
1. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen
2. Die Anpassung an einen zeitgemäßen Personalschlüssel
3. Eine einheitliche und praxisnahe Ausbildung
4. Die verpflichtende Zusammenarbeit zwischen Träger, Leitung, Team und
Eltern.
Seit Beginn der Pandemie arbeiten wir in den Kitas mit einem abgesenkten Personalschlüssel, was uns vor große Herausforderungen und Hürden gestellt hat. Ein Lichtblick war, dass diese coronabedingte Ausnahme seit Ende August dieses Jahres abgesetzt wurde. Als Ersatz für diese Vorgehensweise wurde im Juli 2022 vom Kultusministerium ein Maßnahmenkatalog an jede Kita versendet. Dieser beinhaltet die Möglichkeit anstelle einer zweiten pädagogischen Fachkraft auch zwei Nicht-Fachkräfte einzustellen.
In unserer Pressemitteilung vom 28.07.2022 haben wir bereits auf das Maßnahmenpaket reagiert, Sie können unsere Stellungnahme gerne nachlesen unter:
Stellungnahme zum Maßnahmenpaket zum neuen Kitajahr (30.07.2022)
Laut der aktuellen Bertelsmannstudie 2022 gibt es in keinem unserer Bundesländer einen kindgerechten Personalschlüssel. Ganz im Gegenteil, in Baden- Württemberg sind 48,4% der Kitakinder nicht kindgerecht betreut. Im gesetzlichen Auftrag der Kitas SGB VIII Abschnitt 3§ 22-26 rangiert Bildung, Förderung und Betreuung gleichrangig. Ihre Aussage: “Gut dann kommen eben ein paar mehr Kinder in die Gruppe” steht im kompletten Gegenteil zu unserem Schutzauftrag. Es darf niemals das Kindeswohl wegen Aufsichtspflichtverletzung durch zu große Gruppen aufs Spiel gesetzt werden. Und jedes Kind mehr kann ein Kind zu viel sein um diese zu gewährleisten.
Als Berufsverband sind wir permanent dabei, auf die Probleme und Themen die Kita betreffend aufmerksam zu machen und mit Beteiligten aus der Politik an positiven Veränderungen zu arbeiten. Hiermit laden wir Sie ein, sich ein vollumfängliches Bild über den Alltag einer Kita zu machen. Wir stehen Ihnen für ein Gespräch, sei es online oder persönlich sehr gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Anfang September kündigte die Bildungsministerin in Bayern Frau Scharf diverse Veränderungen im bayrischen Kitagesetz an. Unter Anderem sollen die Kita Standards und damit die Qualität gekürzt werden, das sehen alle Verbände in Deutschland sehr kritisch.
Unser Schwesternverband in Bayern startete eine gute und offensive Kampagne um die pädagogischen Standards nicht herabzusetzen, nein, diese müssen eher erhöht und auf die Bedürfnisse der Kinder angepasst werden. Nachzulesen auf der Homepage vom Kitafachkräfteverband Bayern unter:
https://www.verband-kitafachkraefte-bayern.de/vereinsarbeit/stellungnahmen
Am 2. September 2022 erschien dann folgender Pressebericht auf der Seite der CSU:
https://www.csu.de/verbaende/kv/erding/aktuelles/2022/kita-verband-verunsichert-eltern/
In diesem Artikel wird dem Fachkräfteverband vorgeworfen die Eltern in Bayern massiv zu verunsichern.
Dies nahmen wir anderen Verbände zum Anlass, gemeinsam mit dem Verband aus Bayern folgende Stellungnahme zu verfassen:
Wir vom Verband Kitafachkräfte Baden-Württemberg sind unseren Kontakten in Politik, Presse und Gesellschaft sehr dankbar, dass wir miteinander in Kommunikation treten . Bisher haben wir keine solcher Vorwürfe bekommen und wir bitten darum, uns direkt anzusprechen, wir sind zu einem guten Miteinander angetreten. Besonders schätzen wir die Zusammenarbeit mit der Landeselternvertretung der Kitas aus Baden-Württemberg.
Unsere Arbeit dient ausschließlich der Verbesserung der Kita Standards und wir brauchen ein gutes Miteinander um dies Ruder herum zu reißen.
Wir bitten alle Politiker und Entscheider uns zu kontaktieren und nicht über uns zu urteilen. Wir haben den tollsten Job der Welt und wir kämpfen dafür, dass er das auch wieder wird.
Weitere Infos erhalten Sie unter info@verband-kitafachkraefte-bw.de.
Wir stehen für Veränderung!
Vor ein paar Tagen wurde uns dieses Positionspapier zugesendet, vielen Dank dafür. Wir haben uns hingesetzt und unsere Fragen und Gedanken dazu aufgeschrieben. Diesen Brief haben wir heute an die mitarbeitenden Verbände versendet.
Wir freuen uns, wenn wir bei solchen Ausarbeitungen dabei mitwirken können. Als Berufsverband vertreten wir alle pädagogische Fachkräfte und wir haben auf jeden Fall Mitglieder in den Regionen.
Positionspapier: „Fachkräftemangel: Neue Wege und Maßnahmen“
Hier unsere Antwort:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Seit unserer Gründung im Januar 2021 sind wir ein stetig wachsender und aktiver Verband.
Gemeinsam mit Eltern, Trägern und Interessierten machen wir uns auf den Weg um die Bedingungen in den Kitas in Baden-Württemberg bedeutend zu verbessern. Wir wollen, dass Kitas zu einem Ort werden, an dem Kinder, Eltern und Pädagogen gemeinsam wachsen, leben und sich weiterentwickeln können – denn „wir stehen für Veränderung!“.
Wir verfolgen kontinuierlich unsere Ziele:
Das von Ihnen entwickelte Positionspapier “Fachkräftemangel: Neue Wege und Maßnahmen” hat uns erreicht und in vielen Punkten stimmen wir mit Ihnen überein. Zu einigen Punkten wollen wir hier Stellung beziehen.
“Der Mangel an Fachkräften hat vielfältige Ursachen und hat sich über Jahre aufgebaut. Die Corona- Pandemie hat die Lage verschärft, weshalb die Situation der Kita-Träger aktuell schwieriger denn je ist. Politik, Eltern und Kita-Trägern muss klar sein: Es handelt sich hierbei nicht nur um eine temporäre, sondern um eine sicher über Jahre hinweg bestehende Problematik, die nicht nur die großen Städte trifft. Es gilt sich dies einzugestehen – auch von Seiten der Politik.
Die Diskrepanz zwischen fehlendem Personal einerseits und der Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kita- und bald auch einen Ganztagesschulplatz andererseits, muss offen kommuniziert werden. Dazu gehört auch, gemeinsam zu überlegen, was verändert werden kann oder muss – Personalschlüssel, Fachkraftdefinition, Öffnungszeiten oder Rechtsanspruch?”
Weitere Herausforderungen
“Die Situation wird sich durch den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung im Grundschulbereich ab 2026 dramatisch verschärfen.”
“Zum quantitativen Mangel an Personal kommt der Mangel an qualifiziertem Personal. Eine Auswahl ist nicht mehr möglich. Die einzige Chance, die den Trägern bleibt, ist die intensive Weiterbildung der Mitarbeiter*innen. Coaching und Weiterbildung sollen dazu führen, dass die Mitarbeiter*innen auch in schwierigen Zeiten mit Erfahrung und Engagement souverän ihre Arbeit verfolgen und dem durch ständigen Personalmangel bedingten Herausforderungen optimistisch trotzen. Die Mittel für Weiterbildung und Fachberatung müssen stark erhöht werden und für alle zur Verfügung stehen.”
“Wir müssen akzeptieren, dass pädagogische Berufe Weiterbildungsberufe sind und die entsprechenden praxisorientierten Konzepte entwickeln und umsetzen.”
“Ganztägige Kitas mit Öffnungszeiten von bis zu 10 Stunden müssen den Kindern Freiräume wie z.B. zum „Streunen“ außerhalb der pädagogisch geplanten und beobachteten Situationen anbieten und ermöglichen. Die Anzahl und Qualifikation der zur Verfügung stehenden Mitarbeitenden wird sich dabei in den Kitas situationsbedingt unterscheiden. Deshalb können keine starren “Randzeitenkonzepte” erstellt werden.”
“Die Tagesstruktur muss, auf der Grundlage transparenter und einheitlicher Rahmenfaktoren, mehr in die Trägerverantwortung gegeben werden.”
“Das Bild der Arbeit in der Kita muss sich also wieder mehr an den Tatsachen orientieren. Dazu gehört, dass derzeit ein Großteil der Arbeit darin liegt, auch große Gruppe von Kindern zu begleiten, Verwaltungsaufgaben verlässlich durchzuführen, junge und noch unerfahrene Kolleg*innen zu unterstützen, fordernde Eltern professionell zu betreuen sowie zu wissen, wann ein einzelnes Kind eine besondere Unterstützung oder eine kleine Gruppe eine individuelle Ansprache benötigt. Die Tätigkeit von Pädagog*innen bietet gleichzeitig Raum für Eigenständigkeit, für das Einbringen eigener Interessen sowie von Empathie und Begeisterung. Das frühe Aufzeigen aller Perspektiven würde zu einer realistischeren Sicht auf den Beruf führen.”
“Die wichtigste Aufgabe ist und bleibt die Ausbildung. Um genügend Fachkräfte auszubilden, müssen weitere Möglichkeiten eröffnet werden, wie eine Vergütung der Auszubildenen in der klassischen Ausbildung analog der PiA-Ausbildung. Zudem wäre eine Auffächerung des Ausbildungsangebotes sinnvoll.”
“Ein wichtiges Element für eine gute Qualität ist auch die Personalbindung. Wir beobachten, dass Mitarbeitende aus dem Berufsfeld wechseln, da sie zu wenig Unterstützung für die täglichen Anforderungen erhalten. (Fach)Beratungs- und Anleitungsbedarf gibt es bei der Analyse von Spielsituationen, bei Kindern mit herausforderndem Verhalten, bei Inklusionsleistungen und bei vielem mehr.”
“Wenn es eine finanzielle Entlohnung für Zusatzqualifikationen, Zusatzaufgaben und besonders hohe Leistungsbereitschaft gäbe, entstünden zusätzliche Anreize und Entwicklungsperspektiven für Fachkräfte.”
Zu folgenden Punkten haben wir noch Anmerkungen:
“Qualitativ hochwertige Arbeit muss auch in den jetzigen Gruppengrößen gelingen.”
“Pädagogische Fachkräfte müssen als Kerngruppe die Qualität in den Kitas sichern.”
“Eine trägerübergreifende Praxis-Akademie in Stuttgart soll etabliert werden.
Qualifizierungsangebote müssen verstärkt dort angeboten werden.”
“Einsatz und Beurteilung der Qualifikation von Mitarbeiter*innen weitgehend in die Trägerverantwortung geben. Das heißt: Die Gestaltung der Teams wird durch den Träger (wie in anderen europäischen Ländern) gesteuert, bei einer Mindestanforderung von 70% Fachkräften.”
“Flexible Randzeitenkonzepte (über den Tag verteilt) unter Beteiligung von Kooperationen mit Sport- und Musikvereinen sowie Eltern, mit öffentlicher Förderung und Verankerung in den pädagogischen Konzepten.”
Wir bedanken uns bei Ihnen herzlich für die Arbeit und die Zeit die Sie in die Erstellung dieses Positionspapier gesteckt haben.
Als Verband würden uns freuen mit Ihnen gemeinsam den Weg der Veränderung zu gehen und stehen Ihnen für eine Zusammenarbeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Braekow Angela Becker Anja Halder
Erste Vorsitzende Zweite Vorsitzende Dritte Vorsitzende
Stellungnahme zum Schreiben aus dem Kultusministerium vom 28.07.2022
Pünktlich zum Sommerferienbeginn erreichte die Kindertagesstätten in Baden-Württemberg am 28.07.2022 das neue Maßnahmenpaket des Kultusministeriums zum Kitajahr 2022/2023. Als Verband Kita-Fachkräfte haben wir das Maßnahmenpaket mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis genommen, da es für uns bei der Umsetzung dieses Pakets einige Ungereimtheiten gibt. Als Berufsverband hätten wir gerne unsere Praxisexpertise in den Prozess mit eingebracht, um den Fokus stärker auf die pädagogische Arbeit und die Kinder zu legen.
Die neue Angebotsform der Kitaeinstiegsgruppe sehen wir mit großer Skepsis, da in kürzester Zeit sowohl Räumlichkeiten, die anderweitig gebraucht werden, als auch Personal, das es momentan nicht gibt, gefunden werden muss. Wenn Räumlichkeiten, wie vorgeschlagen, von Kitas genutzt werden sollen, so fehlen diese im aktuellen Kita-Betrieb. Dies führt wiederum durch die Hintertür dazu, dass Kitas ihre räumliche Belegungsgrenzen überschreiten.
Für die Betreuung dieser Gruppe wird eine pädagogische Fachkraft und eine im Umgang mit Kindern geeignete Kraft als Mindeststandard angegeben. Für uns stellt sich hier die große Frage, welche Qualifizierung eine solche Kraft haben soll. Genügt hier das Vorweisen eines Führungszeugnisses? Benötigt diese Kraft eine Zertifizierung, die sie zum Umgang mit Kindern berechtigt?
Wir weisen erneut auf unsere Stellungnahme vom 20.03.2022 zur Betreuung ukrainischer Flüchtlingskinder hin. Hier war unser Vorschlag, betreute Spielgruppen und Eltern-Kind-Gruppen etwa in Räumen von Kirchengemeinden, Kommunen oder Kitas, deren Räume beispielsweise nachmittags frei sind, anzubieten, die auch durch ehrenamtliche oder projektbezogene Begleitung betreut werden könnten und die das Ankommen für geflüchtete Familien in Deutschland erleichtern könnten.
Was nicht mehr erwähnt werden muss, ist die zunehmend prekäre Lage in den Kitas. Wir sind dankbar, dass Land und Kultusministerium sich des Themas annehmen. Mit dem Direkteinsteigerprogramm zur Gewinnung von neuem Personal wird ein Versuch gestartet, dem Fachkräftemangel etwas entgegen zu setzen. Wir haben mit Interesse das Eckpunktepapier gelesen und vertrauen auf eine qualitätsvolle inhaltliche Ausarbeitung des pädagogischen Lehrstoffes durch das Kultusministerium und die Fachschulen. Wir unterstützen die Vorlaufzeit, da ab September 2026 für die Ganztagsschulbetreuung noch einmal zusätzliches Personal benötigt wird. Fraglich für uns ist jedoch, ob Personen, die in der Kitaeinstiegsgruppe arbeiten, sich für einen Direkteinstieg entscheiden werden oder ob sie sich aufgrund der Rahmenbedingungen in den Kita-Einstiegsgruppen eher gegen den Beruf entscheiden.
Als Erfolg nicht zuletzt unserer Verbandsarbeit sehen wir die Beendigung der coronabedingten Ausnahmeregelungen an. Wir weisen darauf hin, dass es sinnvoll wäre, die Übergangsregelung, während derer nicht-pädagogische Kräfte bis zu 20% auf den pädagogischen Fachkräfteschlüssel angerechnet werden dürfen, zeitlich zu befristen. An dieser Stelle wäre es ein wichtiges Signal an die pädagogischen Fachkräfte und Träger, einen fixen Zeitpunkt zur Aufhebung dieser Maßnahmen zu nennen. Außerdem erhoffen wir uns, dass die aktuell bereits eingesetzten geeigneten Personen zeitnah die nun geschaffene Möglichkeit des Direkteinsteigerprogramms nutzen werden.
Wir legen nahe, dass die Träger bei der Umsetzung vor Ort überlegt und im Sinne von qualitativ hochwertigen Rahmenbedingungen für frühkindliche Bildung ihre Entscheidungen treffen und bitten Träger sowie Kommunen darum, die Expertise pädagogischer Fachkräfte in den weiteren Diskurs mit einzubeziehen.
Hier ist das Schreiben aus dem Kultusministerium:
2022 07 28 Anlage1 StS-Schreiben_Maßnahmenpaket Kindergartenjahr 2022-2023
Am Montag, den 25.07.2022 wurde unsere erste Vorsitzende zu einem Radio Interview gebeten, gerne ist sie dieser Anfrage nachgekommen.
Hier kannst Du das komplette Interview anhören:
https://rdl.de/beitrag/wir-f-hlen-uns-wie-einem-gro-en-experiment
Wie immer freuen wir uns über Kommentare und Rückmeldungen.