Wir am Fachtag vom Verlag Herder Kita(r)evolution (06.10.2023)

Kita(r)evolution – der Fachtag im Herder Verlag

Am Freitag, den 06.10.2023 fand im schönen alten Verlagshaus in Freiburg der Fachtag statt. Unsere Vorsitzende Anja Braekow fuhr mit einer Kollegin hin, holte zuerst die Bücher für unseren Büchertisch beim Fachtag in Heidelberg ab und konnte danach am revolutionären Fachtag teilnehmen.

Nach einer kurzen Begrüßung stellte Frau Dr. Ilse Wehrmann (https://www.ilse-wehrmann.de/), die extra aus Bremen angereist war, ihr Buch „Kitakollaps“ vor und beschrieb mit klaren und aufrüttelnden Worten was nun nötig ist, um das Ruder noch herum reißen zu können. Sie rief zum „Nein“ sagen auf!

Im Anschluss begannen die Impulsvorträge der Autor*innen des Buches „Kita(r)evolution“, das ebenfalls im Herder Verlag erschienen ist. Den Anfang machte Kathrin Hohmann (@kinderheit_erleben) mit der klaren Frage: „Wie willst du als Fachkraft sein?“. Für uns als Verband Kita-Fachkräfte eine elementare Frage. Nach einer kurzen Pause kam der Vortrag von Sebastian Lisowski (@paedagigikguru) mit der Aussage, doch, du kannst! Leider konnte Christin Füchtenschneider (@mit_herz_und_leidenschaft) nicht persönlich anwesend sein, sie rief per Video auf, mutig neue Wege zu gehen. Einmal über die eigene Aggression nachdenken und dieser im „grünen“ Bereich auch nachzugeben, forderte Hergen Sasse (@sozialundstark) in seinem Vortrag „Klar sorge ich für mich“. In den Pausen wurden wir vom Team Herder verwöhnt mit süßen und deftigen Leckereien und Getränken, es war Zeit zum Netzwerken und für das eine oder andere Wiedersehen. Am fortgeschrittenen Nachmittag berichtete Hannah Vasiliadis (@hannah.vasiliadis) von ihrem 20m Spaziergang mit ihrem Sohn und rief dazu auf „einen Gang zurückzuschalten“ und sich auf die Kernaufgaben und das Wesentliche im Kita Alltag zu besinnen. Um das Thema „Wünsche“ kümmerte sich Fea Finger (@feafinger) mit ihrem Vortrag „Wenn ich einen Wunsch frei hätte“. Mit einem „Playdoyer für eine Kita(r)evolution“ beendete Laura Grimm (@101visionen) einen inhaltlich wertvollen und anregenden Fachtag.  Bei der anschließenden Fragerunde konnte Anja Braekow den Verband Kita-Fachkräfte BW kurz vorstellen und zur Zusammenarbeit aufrufen. Es waren einige Mitglieder anwesend, der Austausch und das persönliche Kennenlernen war kraftvoll und tat sehr gut.

Wir bedanken uns bei allen Dozent*innen und vor allem beim Verlag Herder für diesen stärkenden Tag.

Stellungnahme zur Reportage von Günther Wallraff auf RTL am 28.09.2023

 

Die Kita-Fachkräfteverbände der Bundesländer fordern eine Qualitätsdebatte über entwicklungsförderliche Bedingungen in Kitas und konsequenten institutionellen Kinderschutz. Das Wohl des Kindes muss im Kita-Alltag an erster Stelle stehen.

Der Filmbeitrag vom 28.9.2023 rüttelt auf. Dass es viele Kita-Fachkräfte und Einrichtungen gibt, die Kinderschutz großschreiben und verantwortungsbewusst und kompetent mit den ihnen anvertrauten Kindern umgehen, relativiert nicht das massive Fehlverhalten, welches der Journalistin in verschiedenen Einrichtungen begegnete. Die Reportage zeigt drastische Fälle von übergriffigem Verhalten und körperlichen, sowie psychischen Misshandlungen. Die im Beitrag zitierten Stellungnahmen der Träger bieten wenig Hoffnung, dass die Probleme konstruktiv bearbeitet und Verbesserungen herbeigeführt werden. Wenn Träger Fehlverhalten zudecken oder die Aufrechterhaltung der betrieblichen Abläufe und wirtschaftliche Aspekte über das Wohlergehen von Kindern und Mitarbeitenden stellen, besteht die Gefahr, dass das Kindeswohl nicht mehr gewährleistet werden kann.

Jede Kita ist gesetzlich verpflichtet, ein Kinderschutzkonzept zu erstellen. Solange diese Konzepte in der Praxis nicht gelebt und umgesetzt werden, verfehlen sie ihren Sinn. Die Kita-Fachkräfteverbände appellieren an jede einzelne Fachkraft, das eigene Verhalten zu reflektieren und übergriffiges, gewaltvolles Verhalten anzusprechen beziehungsweise zu melden.

Als Nährboden für verletzendes Verhalten und Vernachlässigung in Kitas sind neben persönlichem Fehlverhalten schlechte Rahmenbedingungen zu nennen. Überforderung und Stress des Personals führen dazu, dass auf kindliche Grundbedürfnisse nicht adäquat eingegangen wird und es an individueller Zuwendung und Fürsorge fehlt. (Siehe https://www.gew.de/fileadmin/media/publikationen/hv/Kita/Kita_Verschiedenes/20210928-verletzendes-verhalten-web.pdf).

Wenn der Fernsehbericht beispielsweise zeigt, dass in der Mittagspause der Erzieherinnen niemand für die Kinder zuständig ist oder Kinder mit Beeinträchtigungen nebenher von Menschen ohne entsprechendes Fachwissen betreut werden, werden strukturelle Mängel sichtbar. Eine Betreuung um jeden Preis darf es nicht geben.

Kita-Teams müssen über folgende Fragestellungen mit den verschiedenen Kita-Akteuren ins Gespräch gehen und gemeinsam Lösungen erarbeiten:

Unter welchen Bedingungen tun Fachkräfte ihren Dienst und welche prekären Bedingungen tragen sie mit? Welche Möglichkeiten erhalten Sie, ihr Verhalten und die angewendeten Methoden zu reflektieren? Welche Fehlerkultur wird in Einrichtungen eingeübt und gelebt? Welche Ressourcen stehen hierfür zur Verfügung?

Wenn Institutionen wie Städte- und Gemeindebünde oder der Deutsche Kitaverband fordern, dass eine Fachkraft noch mehr Kinder betreuen und Personal rekrutiert werden soll, das kein oder wenig frühpädagogisches Fachwissen mitbringt oder auf persönliche Eignung des Personals wenig Wert gelegt wird, leistet das prekären Bedingungen Vorschub (siehe https://www.deutscher-kitaverband.de/kindertagesbetreuung-zukunftsfaehig-aufstellen-den-realitaeten-ins-auge-schauen/).  Forderungen nach einer weiteren Absenkung bereits unzureichender Standards fokussieren nicht Bildung, Förderung und bedürfnisorientierte Betreuung, sondern stellen die Betreuungszeiten an erste Stelle. Dabei gerät aus dem Blick, ob es Kindern und Fachkräften im Kita-Alltag gutgeht. Der Wunsch nach Gewährleistung möglichst langer Betreuungszeiten darf nicht dazu führen, dass elementaren kindliche Bedürfnissen nicht mehr entsprochen werden kann.

Für einen gelebten Kinderschutz brauchen Kita-Fachkräfte gesetzlich verankerte und verpflichtende Fortbildungsangebote und Reflexionsmöglichkeiten. Nur so kann gewährleistet werden, dass sie auf dem Stand der neuesten entwicklungspsychologischen und bindungstheoretischen Erkenntnisse sind und lernen, das eigene Verhalten zu reflektieren und an der eigenen Haltung zu arbeiten. Gleichzeitig muss der Kita-Alltag so gestaltet werden, dass er weder Kinder noch Fachkräfte überfordert und zu Dauerstress führt.

Wir müssen der Realität ins Auge sehen. Unser Kitasystem und damit das Fundament der deutschen Bildungslandschaft hat ein massives Qualitätsproblem. Der jährlich erscheinende Ländermonitor der Bertelsmann- Stiftung, aber auch aktuell erschienene Bücher wie „Der Kita-Kollaps“ von Dr. Ilse Wehrmann oder „Satt und sauber reicht nicht“ von Dr. Anke Ballmann belegen dies genauso eindrücklich, wie die Tatsache, dass es Schulen gibt, an denen viele Kinder die erste Klasse wiederholen, 25% der Viertklässler die Mindestanforderungen im Lesen, Schreiben und Rechnen verfehlen und jährlich 50 000 junge Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen.

Stellungnahme Team Wallraff

 

Wir am Bildungsprotesttag in Stuttgart (23.09.2023)

Am Samstag um 12:05 Uhr war es so weit: Der deutschlandweite Bildungsprotesttag in Stuttgart startete! Anna-Lena unsere Vorstandmitarbeiterin (Netzwerk Stuttgart) und Tim Wahl eines unserer Verbandsmitglieder (Netzwerk Stuttgart) waren mit einer Mitmachaktion bei der Kundgebung auf dem Schlossplatz dabei. Interessierte konnten für ihr Zuhause eine Wunderblume mit Saatgut für beispielweise: Mut, Stärke und Resilienz einpflanzen und mitnehmen.

Es gab viele sehr wertvolle Beiträge von unterschiedlichsten Menschen, die sich aktiv für eine bessere Bildungspolitik einsetzen und eine Veränderung erwirken wollen. Dabei waren unter anderem: die Junge GEW, TeachersForFuture, eine Mutter zweier GMS-Schüler, FridaysForFuture, Open Mic, Unterstützer der Kitastrophe Stuttgart und Luk zum Thema Inklusion. Auch Anna-Lena und Tim hatten einen tollen Beitrag zum Thema „Fundament der frühkindlichen Bildung- das Wurzelwerk“. Sie brachten persönliche Erfahrungen aus der Kita-Welt mit ein und betonten noch einmal die Wichtigkeit der frühkindlichen Bildung, denn: „Kinder sind unsere Zukunft! Wir wollen Veränderung und keine leeren Versprechungen mehr und sind bereit, dafür aktiv mitzuwirken und haben jede Menge Lösungsvorschläge parat. Bei all den aktuell geführten Diskussionen und Debatten kommt eines meist zu kurz:  Das Kindeswohl! Wir geben pädagogischen Fachkräften eine Stimme und dadurch was noch wichtiger ist: Wir geben den Kindern eine Stimme!“

Eine sehr gelungene Moderation durch Benedikt rundete die wertvolle Veranstaltung ab.

Es war schön zu sehen, dass der Bildungsprotesttag in Stuttgart einige interessierte Besucher verzeichnen konnte. Es zeigt, dass die Bildung der Kinder immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Trotz allem kann es nie zu viel interessierte Besucher geben und deshalb rufen wir dazu auf an solchen Veranstaltungen noch zahlreicher aufzutreten, denn je mehr sich öffentlich zeigen, desto mehr nimmt das Thema an Wichtigkeit zu!

Gemeinsam für eine bessere Bildungspolitik und Veränderung!

Wir treffen uns mit Nancy Hehl von ver.di (18.09.2023)

Am 18.9. hat sich unsere Vorstandsmitarbeiterin Anna-Lena mit Nancy von Verdi.BW zum Austausch getroffen.

Sie haben sich über die aktuellen Themen ausgetauscht wie beispielsweise den „Erprobungsparagrafen“, die anstehenden Kommunalwahlen 2024, den Bildungsmonitor der Bertelsmannstiftung der demnächst wieder veröffentlicht wird, den anstehenden Ganztagesanspruch für Grundschulen 2026 und mögliche gemeinsame Aktionen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, das Verdi bei all den Bildungsdebatten ebenfalls das Wohl des Kindes mit im Fokus hat und wie unser Verband an einem besseren Fachkräfte-Kind Schlüssel interessiert ist und diesen als sehr wichtig erachten.

Neben den besseren Rahmenbedingungen und Arbeitsbedingungen für pädagogische Fachkräfte bleibt das Wohl des Kindes bei all den Diskussionen die aktuell herrschen oftmals unbeachtet. Dabei geht es um unsere Kinder und deren Bildung Um deren Zukunft und deren Wohlergehen! Das MUSS an oberster Stelle stehen.

Weltkindertag 2023 (20.09.2023)

Weltkindertag
„Jedes Kind braucht eine Zukunft“
Jedes Kind braucht eine Zukunft,
aber unsere Politik handelt voller Unvernunft!
Lösungen für das Wohl der Kleinsten müssen her, da sind sich alle einig,
doch der Weg, den die Kinder mit uns gehen sollen, ist mehr als nur steinig.
Alle rufen nach Bindung, Bildung und Kinderschutz,
und die da oben handeln voller Eigennutz.
Statt in ausreichend Personal und Ausbildung zu investieren,
soll sich die Kita mit Ungelernten blamieren.
Statt die Einrichtungen für die Kinder vor Ort zu entlasten,
tut man sie mit verrückten Theorien belasten.
Statt dem Kinderschutz endlich ein Gewicht zu geben,
werden Übergriffe durch Stress zum täglichen Erleben.
Auf Bildung wird leider nur in der Schule geachtet,
die frühkindliche wird oft als unwichtig verachtet.
Es brennt schon lange an allen Ecken und Enden,
kein Wunder also, dass sich viele von den Kitas abwenden.
Dabei ist ein Kind zu begleiten mit das Schönste, das es gibt,
Kinderlachen, erste Schritte und ein Kinderherz das aufrichtig liebt!
Jedes Kind verdient eine Zukunft überall auf der Welt,
und das kostet zum Leidwesen der Politiker scheinbar zu viel Geld!
Liebe Politiker wacht doch endlich aus euren Träumen auf,
und nehmt nicht die schlechtere Version eurer Zukunft in Kauf!
Hört endlich zu und schaut endlich hin,
und startet den längst überfälligen Neubeginn!

Wir beim Kitahelden Kongress (09.09.2023)

Am Samstag den 09.09.23 waren wir vom Verband auf dem Kitaheldenkongress 2023 der Kitahelden Akademie (https://heldentaten-akademie.de/) mit einem Stand der deutschlandweiten Kita-Fachkräfte-Verbände vertreten.
Es war ein großartiger Tag. Wir haben unglaublich erfrischende und schöne Gespräche geführt, viele Mitglieder der Verbände in live kennengelernt und es waren sogar Mitglieder aus Baden-Württemberg angereist.
Es herrschte eine sensationelle Stimmung und an unserem Stand war ordentlich was los. Die positive Stimmung, die sehr gute Organisation des Kitaheldenteam , die großartigen Speaker und faszinierenden Auftritte von Andreas Ebenhöh, haben einen rundum erfolgreichen Kongress ermöglicht.

Wir bedanken uns für den wertvollen Austausch und freuen uns schon auf den nächsten Kitaheldenkongress. Ein Besuch lohnt sich sehr.

Pressemitteilung zum Erprobungsparagrafen (07.09.2023)

In den Sommerferien wurde der Erprobungsparagraph weiter „verfeinert“ und die Allgemeinheit über die anstehenden Änderungen in Kenntnis gesetzt.
Als Berufsverband können wir den Gesetzesentwurf und die angestrebten Veränderungen nicht gut heißen und nehmen hierzu erneut Stellung.
Im neuen KiTa-Gesetz soll der sogenannte „Erprobungsparagraf“ etabliert werden. Diesem Paragrafen sehen wir vom Verband der Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg mit großer Sorge entgegen. Ziel dieser Erneuerung soll ein weiterer, aber rechtssicherer Rahmen unter Beteiligung der Akteure vor Ort sein, damit neue Konzepte entwickelt und erprobt werden können. Somit werden willkürlich Kitas zu Erprobungsstätten minderer Bildungsqualität. In der letzten Pressemitteilung vom 5.07.2023 zur Kita-Öffnungsklausel haben wir zum wiederholten Mal unsere Bedenken kundgetan. Nun äußern wir uns erneut zu den Neuerungen, da mittlerweile der Bürgerbeteiligungsprozess des Beteiligungsportals Baden-Württembergs läuft. „Wir befürchten, dass die aktuell angespannte Lage dazu führt, dass Kommunen und Träger reine Betreuungslösungen suchen werden. Somit wird die Bildungsarbeit und Entwicklungsbegleitung noch mehr auf der Strecke bleiben“, äußert sich Anja Braekow vom Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg zu den Plänen der Landesregierung das KiTa-Gesetz zu öffnen bzw. flexibilisieren. „Als Gesellschaft müssen wir uns fragen in welche Richtung es gehen soll? Sollen Kitas den Grundstein der institutionellen Bildung legen? Sollen die Kinder dort individuell gefördert und gestärkt werden? Oder sollen Kitas reine Aufbewahrungsstätten sein?“ stellt Braekow infrage. Nur gute Rahmenbedingungen ermöglichen eine gute Bildungsarbeit mit individueller Begleitung. Es ist wissenschaftlich belegt, dass es hierfür gut ausgebildete und genügend personelle Ressourcen benötigt und die Bildungsbiografie der Kinder nachhaltig positiv beeinflusst werden kann, die nordischen Länder leben es uns vor. Ebenfalls nachvollziehbar für jeden ist, dass fehlende oder mangelhafte frühkindliche Bildungsbegleitung die Zahl der Schulabbrecher erhöht. „Es muss ein Umdenken auf politischer und gesellschaftlicher Ebene geben. Jede Investition in frühkindliche Bildung ist eine gute Investition und wird sich vielfach auszahlen. Kinder sind unsere Zukunft. Was wir hier nicht erfolgreich umsetzen, wird die Gesellschaft immer wieder einholen“, führt Braekow aus. „Wir brauchen ausreichend fachlich gutes Personal, das eine moderne an der Lebenswelt der Kinder orientierte Ausbildung hat und keine Kräfte, die einen kurzen Crashkurs hatten, um dann auf die Kinder aufzupassen. Aktuell kämpfen wir mit dem Fachkräftemangel in Kitas. Auf der anderen Seite gibt es allgemein eine hohe Arbeitslosigkeit. Hier könnten wir uns vorstellen, dass aktuelle Arbeitssuchende bei persönlicher Eignung in Kitas zusätzlich eingesetzt werden könnten. In allen Kitas könnte das pädagogische Personal so zum Beispiel durch Hauswirtschaftskräfte entlastet werden, damit sie wieder mehr Zeit für die Arbeit am Kind haben. Es ist auch möglich, je nach Unterstützungsbedarf zusätzliches Personal zur Begleitung einzelner Kinder mit höherem Förderbedarf anzulernen und somit die Gruppensituation zu entlasten. Aktuell werden viele solcher Lösungen aus finanziellen und bürokratischen Gründen blockiert. Hier möchten wir, dass Lösungsansätze gesucht werden, statt Standards zu senken und die Rahmenbedingungen zusätzlich zu erschweren“, äußert sich Anja Braekow weiter.
„Momentan läuft auf der Homepage des Beteiligungsportals Baden-Württemberg eine Online-Kommentierung des Gesetzentwurfs. Jede*r Bürger*in kann dieses Portal nutzen und wir hoffen, dass sich viele im Sinne der Kinder beteiligen. Denn leider ist es den Kita-Kindern selbst nicht möglich, weshalb wir diese Entscheidungen noch sorgfältiger treffen müssen, denn sie betreffen die Zukunft unseres Landes“, bezieht Braekow Stellung zur bis 14. September laufenden Kommentierungsphase.
Wir verstehen den Wunsch der Eltern, der Träger, des Landes und der Wirtschaft Verlässlichkeit anzubieten, auch die pädagogischen Fachkräfte möchten dies wieder leisten können. Dennoch ist aber der hier eingeschlagene einfache Weg der falsche. Diese kurzfristigen Lösungen bringen noch mehr Stolpersteine. Pädagogische Konzepte können nicht umgesetzt werden, der Kinderschutz wird mit Füßen getreten und Kinderrechte verletzt. Mit der Einführung des Erprobungsparagrafen verlieren wir die die aktuell noch vorhandene Qualität der Kitas. Es wird der Willkür und Quantität Tür und Tor geöffnet.

Pressemitteilung der Verbände 10 Jahre Rechtsanspruch – Kein Grund zu feiern (25.07.2023)

10 Jahre Rechtsanspruch auf Kita-Betreuung – kein Grund zum Feiern!
Vor 10 Jahren trat auf Bundesebene der Rechtsanspruch auf Betreuung in einer Kita oder Kindertagespflege in Kraft. Seit August 2013 hat jedes Kind ab einem Jahr ein Recht auf Betreuung, frühkindliche Bildung und individuelle Förderung. Es war allen Beteiligten klar, dass die Umsetzung dieses Rechtsanspruches große Anstrengungen und erhebliche finanzielle Mittel benötigen würde, um unsere Kitas quantitativ und qualitativ adäquat auszubauen.
Die Kita-Fachkräfteverbände fordern Bund, Länder und Kommunen auf, endlich deutschlandweit eine Kita-Qualität nach wissenschaftlichen Mindestanforderungen gesetzlich festzuschreiben und zu finanzieren. Für jedes Kind, egal in welchem Bundesland es lebt, muss eine kindgerechte Bildungs- und Betreuungsqualität gewährleistet werden.
Bereits 2013 bestanden Zweifel an der Umsetzbarkeit, wie folgende Zitate zeigen:
GEW 2013: https://www.gew.de/presse/pressemitteilungen/detailseite/gew-klasse-statt-masse „…wurde versäumt, rechtzeitig mit dem Ausbau und vor allem mit der Ausbildung des zusätzlich benötigten Fachpersonals zu beginnen“, stellte Norbert Hocke, für Jugendhilfe verantwortliches GEW-Vorstandsmitglied, fest. „In der Eile, in der in den vergangenen Monaten auf den letzten Drücker Einrichtungen gebaut und eröffnet wurden, ist viel zu wenig auf pädagogische Qualität geachtet worden. Um zu vermeiden, dass Eltern einen Platz vor Gericht einklagen, schafft man Masse statt Klasse.“
„… Ob im August 2013 tatsächlich alle Bedarfe gedeckt werden können, bleibt abzuwarten. Aus dem Blick gerät allerdings zuweilen, dass die Herausforderungen in den nächsten Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehen bleiben werden – ausgehend von den Teilhabequoten der unter Dreijährigen in den ostdeutschen Bundesländern erscheint es plausibel, dass der Bedarf auch in den westdeutschen Bundesländern in den nächsten Jahren weiter steigen wird. Neben den damit verbundenen finanziellen Anforderungen stellt sich insbesondere die Frage, ob genügend pädagogisches Personal vorhanden ist, das zudem über die erforderlichen Qualifikationsprofile verfügt. Zu wenig steht explizit die Qualität der Bildungs- und Betreuungsformen auf der politischen Agenda, d. h., wie frühkindliche Bildungssysteme ausgestaltet werden müssen, um allen Kindern förderliche Bildungs- und Entwicklungsbedingungen in den KiTas bieten zu können.“ (Bertelsmann Ländermonitor 2013 S.5).“
Beide Statements könnte man genauso aktuell im Jahre 2023 abdrucken. Die damaligen Befürchtungen waren berechtigt. Bund, Länder und Kommunen haben nicht die nötigen finanziellen Mittel bereitgestellt, und es mangelt nach 10 Jahren weiterhin an Kita-Plätzen, Fachkräften und kindgerechten Rahmenbedingungen. Die Parameter für eine gute Kita-Qualität sind unstrittig. Es gibt kein Erkenntnisproblem, sondern ein großes Umsetzungsproblem.
Solange im föderalen System die finanzielle Verantwortung zwischen Bund, Ländern und Kommunen hin und her geschoben wird, wird die Kita-Krise auch in den kommenden 10 Jahren nicht gelöst werden.
Kitas sind in einer modernen Gesellschaft mit einem gleichberechtigten Berufsleben beider Elternteile systemrelevant. Das Wirtschaftsland Deutschland ist auf eine funktionierende Kita-Betreuung sowie gute frühkindliche Bildung mehr denn je angewiesen. Viele Kita-Kinder verbringen unter der Woche mehr Zeit in der Kita als zuhause. Wenn Kitas zu Verwahranstalten verkommen, verschenken wir unglaublich viel Talente und Potentiale. Wir brauchen auch in Zukunft gut gebildete, belastbare junge Menschen, welche die Herausforderungen der Zukunft meistern können.
Kinder sind auf entwicklungsförderliche Bedingungen in ihren Einrichtungen angewiesen. Die Mindestanforderungen an eine gute pädagogische Qualität wurden vor Jahren definiert und sind in Wissenschaft und Fachpraxis unstrittig. Etabliert wurden diese Mindeststandards bisher in keinem Bundesland.
Für Kinder und Kita-Fachkräfte ist die Kita-Welt nicht in Ordnung. „Wir können unserem gesetzlichen Auftrag, Kinder bedürfnisorientiert zu betreuen, sie zu bilden und zu fördern, nur sehr eingeschränkt nachkommen.“ sagt die Vorsitzende des Kita-Fachkräfteverbands Bayern, Veronika Lindner. „Viele Kindern auf engem Raum mit wenig Personal verhindern eine gute pädagogische Qualität.“ Dem stimmt Melanie Krause, die Vorsitzende des Kita-Fachkräfteverbands Niedersachsen/Bremen zu: „Jedes Jahr schicken wir schweren Herzens Kinder mit sprachlichen, motorischen Defiziten oder Verhaltensauffälligkeiten in die Schule, weil wir in den Kitas nicht genug Zeit und Raum haben, uns den Kindern so zuzuwenden und sie in ihrer Entwicklung zu begleiten, wie das notwendig wäre.“
Die Kita-Fachkräfteverbände sind sich einig, dass Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit unter den aktuellen Rahmenbedingungen auf der Strecke bleiben. Die ersten Lebensjahre sind entscheidend für die Entwicklung eines Kindes. Hier werden die Grundlagen der Bildungsbiografie gelegt, Talente gefördert oder viel Potential brachliegen gelassen.
Wir brauchen endlich ein Kita-Qualitätsgesetz, das seinen Namen zu Recht trägt. Dafür müssen Bund, Länder und Kommunen gemeinsam festlegen, wer zu welchen Teilen einen kindgerechten Kita-Alltag für unsere Jüngsten finanziert.
Wenn wir uns als Gesellschaft einig sind, dass Kinder das Wichtigste sind, was wir haben, muss frühkindliche Bildung und eine kindgerechte Betreuung, auch wenn es um die Finanzierung geht, an erster Stelle stehen.

Kindgerechte Kitas sind keine Frage des Schicksals, sondern des politischen Willens.

10-Jahre-Rechtsanspruch-auf-Kita-Betreuung-kein-Grund-zum-Feiern