Gestern erhielten alle Schulen das neueste Schreiben vom Kultusministerium zum Thema Schulbetrieb nach den Osterferien.
In diesem Schreiben ist von einem breit angelegten Diskurs die Rede, welchen Herr Ministerpräsident Kretschmann geführt hat. Der Gesprächsrunde wohnten nur Vertreter des schulischen Bereichs bei. Der Grundstein des Bildungssystems, die Kindertagesstätten, wurden außen vorgelassen. Doch auch hier braucht es Lösungen, wie es nach den Osterfeiertagen weitergehen kann.
In der schriftlichen Mitteilung des Kultusministeriums wird deutlich gesagt, dass sich insbesondere die Mutation B.1.1.7 des SARS-CoV-2-Virus unter Kindern und Jugendlichen stärker verbreitet. Für den Schulbetrieb wird daraus die unmittelbare Konsequenz gezogen in Form von der Aussetzung des Präsenzunterrichts. Was jedoch die stärkere Verbreitung der Virusmutationen für den Kita-Bereich bedeutet, bleibt bisher aus dem Kultusministerium unbeantwortet. In ganz Baden-Württemberg sind auch in Kitas steigende Corona-Infektionen und Quarantäne-Maßnahmen für ganze Einrichtungen zu beobachten. Die Verbreitung des Virus und der Mutationen steigt drastisch an und die Inzidenzwerte werden immer höher.
Als Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg stellt sich uns erneut die Frage, warum Kitas wieder nicht beachtet und erwähnt werden. Das Infektionsgeschehen muss auch Konsequenzen für den Kitabetreib haben. Wir erachten es als dringend notwendig, ebenso mit Kita-Vertretern, Fachkräften, Elternverbänden, Kita-Fachkräfte Verbänden etc. ins Gespräch zu gehen, wie es im schulischen Bereich bereits geschehen ist.
Durch eigenes Erleben der Verbandsmitglieder, sowie in einer Umfrage in unseren Netzwerken, wurde deutlich, dass auch Kindertagesstätten Pandemietreiber sind. Dies erfüllt uns mit großer Sorge und Unmut. Für den Kindertagesstättenbetrieb und somit für Kinder und ihre Familien, sowie für Kita-Fachkräfte wird keine Konsequenz aus dem Pandemiegeschehen gezogen. Die Ansteckungsgefahr durch die Kinder und Jugendlichen wurde in der Vergangenheit als nicht relevant angesehen. Die Ansteckungsgefahr für Kinder sollte dabei ebenfalls nicht aus dem Auge verloren werden. Die aktuellen Zahlen sprechen für sich. Neuste Statistiken zeigen die hohe Ansteckungs- und Erkrankungszahlen ebenfalls sehr deutlich. Jegliche Spätfolgen sind für Kinder noch nicht abzusehen.
Die Schulen im Land Baden-Württemberg befinden sich derzeit in den Osterferien. Anschließend ist der Präsenzunterricht bis zum 19.4.21 ausgesetzt. Zusammen ergibt dies 19 Tage, in denen das Pandemiegeschehen positiv beeinflusst werden kann. Die meisten Kindertageseinrichtungen haben keine Osterferien. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ab dem 06.04. die Kitas wie zuvor geöffnet haben. Es gibt bisher keine Einschränkungen im Betreuungsumfang der zu betreuenden Kindergruppe und dem Anspruch auf Betreuung. Für Kindertagesstätten werden keine Konsequenzen gezogen, auch nicht im Bereich Gesundheitsschutz der Kinder und des Personals. Das Infektionsgeschehen kann somit in den Kindertagesstätten in keiner Weise positiv beeinflusst werden bzw. wird sich gegebenenfalls verschlimmern durch die vielen Kontakte, welche die Kinder an den Osterfeiertagen haben.
Seit dem 22.2.2021 befinden sich die Kindertagesstätten wieder im Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen. Im Zuge dessen wurden viele Versprechungen im Sinne des Gesundheitsschutzes getätigt. Hierzu zählen z.B. FFP2- sowie medizinische Masken, welche durch das Land Baden-Württemberg gestellt werden sollten; verlässliche Teststrategien und Impfmöglichkeiten. All dies wurde nicht oder nur teilweise eingehalten. Seit dem 1.April ´21 ist unklar, welche Teststrategie weiterverfolgt wird. Die bisherigen Berechtigungsscheine sind ausgelaufen und den Kitas stehen noch keine Selbsttestkits zur Verfügung. Zudem umfasst die Teststrategie bisher weder Kinder noch Eltern. Wir, als Kita-Fachkräfte, arbeiten erneut weitestgehend ohne Schutz für unsere Gesundheit und die, der uns anvertrauten Kinder und deren Familien. Hier muss dringend nachjustiert werden. Es braucht tragbare und zukunftsweisenden Möglichkeiten und Lösungen.
Wir, als Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg, fordern:
- Sofortiger Einstieg in den Notbetrieb ab Dienstag, den 06.04.2021. Es kann keine Rückkehr zur bisherigen Betreuung geben nach den Feiertagen und mit den zu erwartenden Reiserückkehrern. Die Voraussetzungen für die Zulassung zur Notbetreuung müssen klar definiert sein. Beide Elternteile müssen in systemrelevanten Berufen tätig sein. Die Betreuungsgruppe darf maximal 50% der regulär betreuten Kinder umfassen.
- Eine verlässliche und verbindliche Teststrategie für alle, die sich in den Kindertageseinrichtungen aufhalten. Dies sind: Kinder, Eltern deren Kinder sich in der Eingewöhnung befinden und Fachkräfte sowie gegebenenfalls Aushilfskräfte. Die Schnelltests müssen den Vorgaben des RKI und des Paul-Ehrlich-Instituts entsprechen. Entsprechende Tests sind zu finden unter https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Antigentests/_node.html
- Klare Aussagen zum Thema Impfungen für Fachkräfte: Es muss ein adäquater Impfstoff in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden. Durch den Wegfall der Impfmöglichkeit mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff für Kita-Fachkräfte auf Grund der Altersgrenze, braucht es ein anderes Impfstoffangebot und es muss schnellstmöglich geklärt werden, mit welchem Impfstoff die noch ausstehenden Zweitimpfungen durchgeführt werden sollen.
- Wir fordern einen Diskurs mit den Verantwortlichen, an dem wir, als Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg, teilnehmen können, damit mit allen Beteiligten eine Lösung für den Kita-Bereich gefunden werden kann, damit auch wir aus den Kindertagesstätten eine Stimme bekommen. Wir erachten dies momentan als noch dringlicher und notwendiger als zuvor!
- Bei der Umsetzung aller Verfahren, welche der Eindämmung der Pandemie dienen, benötigen alle in Baden-Württemberg agierenden Träger zuverlässige und ausreichende finanzielle Unterstützung zur Deckung der Kosten und Sicherstellung der zukünftigen Bereitstellung der Kita-Plätze.
Super geschrieben. Danke
Danke für die Rückmeldung
Eine geregelte u. schriftliche Notbetreuung ist wichtig, in der letzten Notbetreuung waren außer 1 Kind alle in der Notbetreuung. Das kann nicht sein!
Das muss wieder klar formuliert werden.
Ich bin auch sehr dafür, dass wir im Notbetrieb weiterarbeiten.
Außerdem hätte ich gerne, dass nur die Kinder von Eltern aus systemrelevanten Berufen berechtigt sind. Dazu gehört keine Bäckereifachverkäuferin auf 450 Euro Basis. Einige Eltern nutzen das Angebot aus.
Es ist enttäuschend, dass die Kitas immer keine Beachtung finden!!! Danke für euer Engagement
Sehr gerne, es muss wieder klar formuliert werden wer Anspruch auf Notbetreuung hat, das war im ersten Lockdown so, das muss wieder gemacht werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit großen Erstaunen lese ich Ihre Stellungnahme und möchte hierzu einige Dinge hinzufügen:
Kitas und Schulen sind NICHT die Treiber der Pandemie. Steigende Infektionen bei Kindern und Jugendlichen folgen immer einer erhöhten Inzidenz bei den Erwachsenen. Das hat sich auch mit der Virusmutante B.1.1.7 nicht geändert. Die sogenannten VOS`s sind zwar ansteckender, jedoch betrifft dies alle Altersklassen gleichermaßen. Die zuletzt stark gestiegenen Infektionszahlen bei Kindern unter 14 Jahren sind darauf zurückzuführen, dass sich die Anzahl der Tests bei Kindern mehr als verdoppelt / teilweise verdreifacht haben, während sie in anderen Altersgruppen im gleichen Zeitraum unverändert blieb. Aussagekräftiger ist daher die Positivitätsrate der Tests. Diese ist bei 0-4 jährigen im Vergleich der Kalenderwochen 6 und 12 von 6,4 % auf 6,15 % abgesunken und bei den 5-14 jährigen von 9,6 % auf 8,9 %.
“Die Frage, ob Kinder zum jetzigen Zeitpunkt überproportional am COVID 19 – Infektionsgeschehen beitragen, kann daher mit einem klaren NEIN beantwortet werden.”
Zudem zeigen immer mehr Studien, dass Kitas mit einem entsprechenden Schutzkonzept auch bei erhöhten Inzidenzzahlen geöffnet bleiben können. Wir verweisen hierbei auf die ausführliche Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) zur Rolle von Schulen und Kindertagesstätten in der COVID-19 Pandemie2, die zahlreiche dieser Studien aufführt. Kitas liegen bei der Analyse der Ausbruchsgeschehen durch das Robert-Koch-Institut deutlich hinter der Wohnumgebung, medizinischen Einrichtungen und dem Arbeitsplatz.
Das Institut für Statistik der Ludwig-Maximilians-Universität München hat in seinem jüngsten Bericht vom 1.4.2021 unter anderem das Infektionsgeschehen am Arbeitsplatz untersucht und wie diese Infektionen weiter getragen werden. Kurz zusammengefasst sticht folgendes heraus: Während Infektionen an Schulen und Kitas nur zu 2,5 % nachfolgende Infektionen in anderen Umfeldern verursachen, ist das bei 16 % der Infektionen am Arbeits- und Ausbildungsplatz der Fall. Infektionen, die ihren Ursprung am Arbeitsplatz haben, werden zu einem großen Teil in die Familien getragen und über diese letztendlich auch in die Schulen. Berücksichtigt man zusätzlich zu dieser statistischen Erhebung, dass es deutlich mehr Arbeitnehmer:Innen und Auszubildende gibt als Schüler:Innen und KiTa -Kinder, des weiteren die Tatsache, dass Erwachsene anfälliger für eine Infektion sind, und die Infektion auch deutlich häufiger weitergeben, dann liegt auf der Hand, wo der Fokus der Pandemiebekämpfung liegen muss um die Dynamik des Infektionsgeschens effektiv zu bremsen.
Zur Impfung ist hinzuzufügen, dass die ständige Impfkommission hierzu bereits vor einen Tagen ihre Empfehlung angepasst hat. Wenn die erste Impfdosis mit Astra Zeneka erfolgte, soll die 2 Dosis mittels eine MRNA Impfstoff ( Biontech/ Moderna) bei Personen unter 60 erfolgen.
Die von Ihnen geforderte Rückkehr zur Notbetreuung ist in keinster Weise gerechtfertigt.
Ich möchte Sie bitten, Ihre Stellungnahme zu überarbeiten. Gerne sende ich Ihnen die zitierten Studien/ Stellungnahmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Aline Ekkernkamp
Sehr geehrte Frau Dr. Ekkernkamp,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Wir beziehen uns auf das Schreiben des Kultusministeriums vom 01.04.2021, in dem dargestellt wird, dass Kinder eine immer größere Rolle im Infektionsgeschehen haben. Dieses ist Grundlage unserer Überlegungen, sollte es inhaltlich nicht richtig sein, bitten wir um eine Auseinandersetzung mit dem Kultusministerium.
Am Ende können wir nicht bewerten, was richtig oder falsch ist, sondern versuchen auf der uns vorliegenden Datenlage für alle Eventualitäten die größt mögliche Sicherheit für die Kinder, die Eltern und das Personal zu gewährleisten. Wir verweisen auf unser Schreiben vom 05.04.2021. Uns geht es nicht um Schließungen sondern um die Möglichkeit die Kindertageseinrichtungen offen zu halten
Mit freundlichen Grüßen Anja Braekow, 1. Vorsitzende
Ich finde es unglaublich, dass die Gesundheit der Lehrer anscheinend einen höheren Stellenwert hat als die Gesundheit der Erzieher. Wir arbeiten mit 22 Kindern in einem kleinen Gruppenraum ohne die Abstandsregeln einhalten zu können. Unsere Kinder tragen keine Masken und nur ein Viertel der Eltern haben die Einwilligung zu Schnelltests gegeben. Unter diesen Umständen kann ich mir nur eine Rückkehr in die Notbetreuung vorstellen.
Wir glauben, dass es nicht darum geht was einen höheren Stellenwert hat sondern wer eine bessere Lobby hat, lasst uns zusammen stehen und endlich etwas verändern.
Erzieher haben keine Lobby, das ist schade, bei uns ist es egal ob Kinder sich anstecken, ob Erz sich anstecken und viele Erz sind noch nicht geimpft. Da muss dringend was passieren
Das ist leider kein neues Problem, darum ist es nun an der Zeit diese Lobby zu bilden und zu etablieren, genau darum gibt es uns.