Wir im Fernsehen (07.03.2024)

Kita-Stress und Grundschul-Misere – Wer stoppt die Bildungskrise? In Baden-Württemberg fehlen fast 60.000 Kitaplätze. Es gibt viel zu wenig Personal. Die Öffnungszeiten werden verkürzt und die Gruppen vergrößert. Die Folge sind oft Sprach- und Entwicklungsdefizite.

Viele Kinder sind noch gar nicht schulreif, wenn sie in die Grundschule kommen und haben keine Chance, richtig Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen.

Gäste: Theresa Schopper (Grüne), Kultusministerin, Frank Mentrup (SPD), Karlsruher Oberbürgermeister und Präsident des Städtetags Baden-Württemberg

Unsere erste Vorsitzende war live im Studio und konnte aus Sicht der Praxis Stellung nehmen. Wir sind da und wir stehen für Veränderung!

 

Zur Sache Baden-Württemberg: Sendung vom 07.03.2024 | ARD Mediathek

Wir schreiben an Frau Schopper (26.02.2024)

Sehr geehrter Frau Schopper,

mit Interesse haben wir Ihr Interview zum Thema Schulreife verfolgt. Wir begrüßen Ihre Intention im Hinblick auf das schlechte Abschneiden bei der aktuellen PISA-Studie, kein Kind mehr einzuschulen, dass nicht schulreif ist.

Auf jeden Fall unterstreichen wir Ihre Aussage, dass Kinder mit genügend Sprachkenntnissen in der Schule weniger abgehängt werden, da sie dem Unterricht vollumfänglich folgen können. Wir befürworten aus diesem Grund verbindliche Sprachförderangebote für alle Kinder, welche diese benötigen, unabhängig ihrer Muttersprache, denn auch deutschsprachig aufwachsende Kinder haben oftmals Sprachdefizite.

Wir möchten ebenso darauf hinweisen, dass die Schulreife eines Kindes nicht allein von dessen Sprachniveau abhängig ist. Kognitive Reife sowie die soziale und emotionale Entwicklung sind hierbei genauso zu berücksichtigen, um dem Kind eine erfolgreiche Schullaufbahn zu ermöglichen. Zur Schulfähigkeit gehört mehr als nur Deutschkenntnisse. Die Einführung eines Förderpakets zum Auffangen der Sprachprobleme wird deshalb nicht ausreichend sein, um die Mindeststandards in den Fächern Mathematik und Deutsch zu erreichen.

Viel mehr brauchen wir qualitative Bedingungen in den Kitas, die ein individuelles Begleiten und Lernen ermöglichen. Hierfür benötigt es personelle und zeitliche Ressourcen, die aktuell leider fehlen.

Ein Anpassen des Personalschlüssels an die moderne Lebenswelt des Kindes und eine Reduzierung der Gruppengrößen sowie Unterstützungen im Alltag bei hauswirtschaftlichen und administrativen Tätigkeiten würden die Qualität in unseren Kitas enorm steigern. Gute und sinnvolle Investitionen im frühkindlichen Bereich würden den Kindern die dringend nötige Unterstützung bieten, um in allen Bereichen gut auf die schulische Laufbahn vorbereitet zu werden.

Da das in den letzten Jahren mehr als versäumt wurde, überrascht es uns nicht, dass eben viele Kinder nicht mehr die nötige Schulreife erreichen. Wenn der Fokus endlich auf qualitativen Arbeits- und Rahmenbedingungen im frühkindlichen Bereich liegen würde, wird ein weiteres Sprachförderprogramm überflüssig werden. Wir brauchen keine weitere Symptombehandlung, sondern schnellstens eine Ursachenbehebung. Um diese und weitere Fragen und Maßnahmen fachlich zu erörtern und gemeinsam einen guten Weg aus der Kitamisere zu finden, möchten wir uns gerne mit Ihnen an einen Tisch setzen oder bei einem Onlinemeeting in den Dialog gehen. Wir erwarten Ihre Terminvorschläge und freuen uns auf den gemeinsamen Austausch.

Mit freundlichen Grüßen

Anja Braekow, 1. Vorsitzende

Anja Halder, 2. Vorsitzende

Anna-Lena Johnsen, 3. Vorsitzende

PM zum Thema Schulreife und Einschulung (15.02.2024)

Pressemitteilung, 15.02.2024:

Wir verstehen die Intention von Kultusministerin Schopper, dass keine Kinder mehr eingeschult werden sollen, die nicht schulreif sind.

Bei den nun öffentlich gewordenen Plänen des Kultusministeriums sehen wir als Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg jedoch noch Nachbesserungsbedarf. “Zur Schulfähigkeit gehört mehr als nur Deutschkenntnisse” äußert sich Anna-Lena Johnsen vom Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg.

Die Einführung eines Förderpakets zum Auffangen der Sprachprobleme wird nicht ausreichend sein, um die Mindeststandards in den Fächern Mathematik und Deutsch zu erreichen. Die Schulreife eines Kindes hängt nicht nur von seinem Sprachniveau ab. Kognitive Reife sowie die soziale und emotionale Entwicklung sind hierbei genauso zu berücksichtigen, um dem Kind eine erfolgreiche Schullaufbahn zu ermöglichen.

“Wir begrüßen verbindliche Sprachförderangebote für alle Kinder, welche diese benötigen, unabhängig ihrer Muttersprache, denn auch deutschsprachig aufwachsende Kinder haben oftmals Sprachdefizite” führt Johnsen aus. “Einige Kinder bekommen keine dringend benötigte Einzelförderung zum Beispiel in Form von Logopädie, weil schlichtweg die Therapieplätze fehlen. Bei manchen ist aber auch den Eltern und Kinderärzten die Dringlichkeit nicht bewusst und eine eigentlich notwendige Logopädie wird nicht beansprucht ” erläutert Johnsen. Somit wird eine intensivierte Förderung oft zu spät angefangen.

Förderprogramme wie das nun angedachte Projekt zur Schulreife, drohen oftmals an der nicht umsetzbaren Durchführung zu scheitern. Wer soll bei tausenden fehlenden Erzieher*innen und Grundschullehrer*innen dieses Programm qualitativ gut umsetzen? “Diese Maßnahme ist in unseren Augen noch unausgegoren. Es wird eine Symptombehandlung angestrebt und keine Ursachenbehebung.

Die Ursachen liegen zum Beispiel in den zu großen Kitagruppen und Schulklassen. Hinzu kommt ein massiver Personalmangel in beiden Bereichen. Es fehlen schlichtweg die Kapazitäten, um ein solches Programm umzusetzen” äußert sich Anna-Lena Johnsen. “Wir brauchen Bedingungen in den Kitas, die ein individuelles Begleiten und Lernen ermöglichen. Hierfür braucht es personelle und zeitliches Ressourcen die aktuell leider fehlen. Nun ein neues Programm zu starten kann dazu führen, dass die in der frühkindlichen Bildung so dringen benötigten personellen Kapazitäten in das Projekt Schulreife verlagert werden, statt im Kita-Alltag zu unterstützen” befürchtet Johnsen vom Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg.