Gewalt in Kitas – Pressemitteilung (28.12.2022)

Gewalt in Kitas – Welche Konsequenzen zieht die Politik?
Auch den Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg bewegt das Thema „Anstieg der Gewalt in Kitas“. Wir halten die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema für dringend notwendig.
Wenn Bundesfamilienministerin Paus davon spricht, dass es trotz Überforderung keine Gewalt in Kitas geben dürfe, wirft das für Fachkräfte aus der Praxis allerdings Fragen auf, denn die Rahmenbedingungen sind aktuell vielerorts nicht kindgerecht, was ebenfalls eine Verletzung der Kinderrechte darstellt.
Gewalt in Kitas darf nicht sein. Sie ist aber da und in vielen Einrichtungen zumindest in subtiler Form präsent. Verletzendes Verhalten in Kitas beschränkt sich nicht auf die durch Recherchen des Bayerischen Rundfunks aufgedeckten Fälle. Auch Fachkräfte aus Baden-Württemberg können von unangemessenem oder übergriffigen Verhalten und Gewalt in Kitas berichten. Verdachtsfälle, die polizeirelevant sind, bilden nur die Spitze des Eisbergs. Viel häufiger kommen in der Praxis Formen der sogenannten Alltagsgewalt vor. Als Beispiele führt Anja Braekow, 1. Vorsitzende vom Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg an, dass Verhalten auftreten können, bei denen „der Ton rauer und lauter wird, Kinder bekommen nicht die nötige Zeit und Begleitung beim Anziehen, sie werden sozusagen abgefertigt“.
Eine Ursache liegt sicherlich im Berufsverständnis und der persönlichen Eignung einzelner Fachkräfte. Als Berufsverband stimmen wir Ministerin Paus zu, dass es wichtig ist gut ausgebildetes Personal in Kitas zu beschäftigen. Fortbildungen, Schulungen, ein funktionierendes Beschwerdemanagement und institutionelle Schutzkonzepte können zusätzlich zur Professionalisierung beitragen. „Dennoch muss das ganze Kita-System betrachtet werden“ Braekow erläutert weiter „zu große Gruppen, Personalmangel, Überlastung, hohe Förderbedarfe einzelner Kinder und vieles mehr sind vielerorts Alltag“. Eine bedeutsame und häufige Ursache für verletzendes Verhalten gegenüber Kindern sind die strukturellen Mängel im Kita-System. Sie bilden einen Nährboden für Vernachlässigung und Alltagsgewalt. Dies zeigt beispielsweise die vielbeachtete Studie „Verletzendes Verhalten in Kitas“ die von Prof. Dr. Astrid Boll und Prof. Dr. Remsperger-Kehm 2021 veröffentlicht wurde.
„Die nun in Baden-Württemberg beschlossene Änderung, dass mehr Kinder betreut werden dürfen und das Gerichtsurteil, dass ein Betreuungsplatz gestellt werden muss, werden die Situation zusätzlich verschärften“ äußert sich Anja Braekow, 1. Vorsitzende vom Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg. Große Kindergruppen in beengten Räumlichkeiten und eine schlechte Fachkraft-Kind Relation führen zu Überforderung von Kindern und Personal. Der Einsatz von Aushilfskräften, die nicht zusätzlich, sondern anstelle von Fachkräften eingesetzt werden, erschwert ein gutes pädagogisches und fachliches Arbeiten außerdem.
Das Kita-System ist komplex. Träger, Kommunen, Land und Bund bilden hier eine Verantwortungsgemeinschaft. Um strukturelle Mängel, die Gewalt begünstigen, zu beseitigen, müssen alle Beteiligten mehr tun. Einen Alltag unter kindgerechten Bedingungen für unsere Jüngsten zu schaffen, muss erklärtes Ziel aller Verantwortlichen sein.
Es ist gut, dass Ministerin Paus ihrem Entsetzen Ausdruck verliehen hat. Wenn sie ihren Worten Taten folgen lassen will, muss sie sich für eine Erhöhung der Bundesmittel im Kita-Bereich einsetzen sowie sicherstellen, dass diese Mittel ausschließlich für eine bessere Personalisierung und Ausbildung neuer Fachkräfte genutzt werden. Chancengleichheit für die Kinder aller Bundesländer zu schaffen, Kinderrechte und Kinderschutz sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern, gehören zu den Aufgaben der Bundesregierung.
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2 Kommentare

  1. Dies vor allem auf Fachfremde Mitarbeiter /innen zu thematisieren finde ich nicht gut. Dies ist nicht korrekt. Bei uns war es eine staat. anerkannte Erzieherin, die sich im Ton vergriffen hat und Konsequenz, auch nach mehrmaligen Gesprächen, gekündigt wurde.

  2. Ja das kann ich nur bestätigen. Und wenn man was sagt, bekommt man nur gesagt mach einen anderen Vorschlag. Ich war kurz da3den Beruf an den Nagel zu hängen. Ich bin Erzieherin geworden um die Kinder auf ihrem Weg zu begleiten und um sie zu unterstützen ihre Fähigkeiten und Interessen auszuprobieren.

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