Maßnahmen im Rahmen des sogenannten Gute-KiTa-Gesetzes (02.11.2021)

Die Landesregierung hat sich entschieden, im Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes Staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern, die im Jahr 2021 ihre Ausbildung in Baden-Württemberg erfolgreich abgeschlossen haben, eine einmalige Ausbildungsgratifikation in Höhe von 2.000 Euro auszubezahlen.

Die Landesregierung hat sich entschieden, im Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes die Praxisanleitung für Schülerinnen und Schüler der praxisintegrierten Ausbildung (PiA), sowohl im Kita-Jahr 2021/2022 sowie im Kita-Jahr 2022/2023 zu vergüten.

Diese beiden Punkte haben wir in Form eines Briefes hinterfragt und brauchen hier Antworten.

Sehr geehrte Frau Petilliot-Becker,   

wir als Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg möchten uns heute bei Ihnen vorstellen.

Im Januar 2021 haben wir unseren Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg gegründet und sind ein seitdem stetig wachsender Verband.    Mit Interesse haben wir die Maßnahmen „Praxisanleitung“ und „Ausbildungsgratifikation“ im Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes gelesen und möchten hierzu gerne Stellung beziehen.   

In Ihrem Schreiben „Praxisanleitung“ vom 29.09.2021 stellen Sie fest, dass Schüler*innen eine fachpraktische Begleitung während der Ausbildung benötigen. Diese findet in Form der Praxisanleitung in den Kitas statt. Die Auszubildenden sind ein- oder mehrmals pro Woche in der Einrichtung. In manchem Ausbildungsjahr ist das sogar über ein ganzes Jahr der Fall. Dies trifft nicht nur auf die Auszubildenden der praxisintegrierten Ausbildung zu, sondern auch auf alle anderen Ausbildungsformen, sei es das freiwillige soziale Jahr, die Kinderpflege, die bisherige Erzieherausbildung oder die sozialen Berufe, für die ein Studium benötigt wird. Für alle Ausbildungsformen sehen wir die Verzahnung von Theorie und Praxis als das wichtigste Element an, um die Lernenden auf ihre zukünftige Arbeit ausreichend vorzubereiten. Hierbei erfüllt die Praxisanleiter*in eine tragende Rolle. Im besten Fall setzt der Träger für die Übernahme einer Anleitung eine Weiterbildung zur Praxisanleitung mit Zertifikat voraus. Diese Weiterbildungen sehen wir als wichtig an, um im Bereich der Anleitung kompetent handeln zu können.    Die Aufgaben und die Rolle, die eine pädagogische Fachkraft in einer Anleitung übernimmt, sind unabhängig der Ausbildungsform- und stufe. Sie bietet den Auszubildenden Orientierung, Struktur und Sicherheit, gibt Anregungen und ist beratend tätig. Sie macht schriftliche Beobachtungen, reflektiert die Arbeit in Anleitergesprächen und ist in allen Bereichen Vorbild. Darüber hinaus ist sie jederzeit für Fragen ansprechbar und unterstützend tätig.    Um die Bereitschaft eine Praxisanleitung zu übernehmen signifikant zu steigern, ist die von Ihnen angestrebte Vergütung der Praxisanleitungen von 2000 Euro pro Jahr sicher ein erster Schritt, darf sich aber nicht auf die Anleitungen der PIA-Auszubildenden beschränken.    

Für uns als Verband stellt eine zertifizierte Weiterbildung zur Praxisanleitung die Grundlage zur Übernahme jeglicher Praxisanleitungstätigkeit dar. In regelmäßigen Abständen muss das Zertifikat erneuert werden, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Alle Auszubildenden haben ein Anrecht auf eine fachliche und kompetente Anleitung, denn diese sorgt für gut ausgebildetes Fachpersonal. Um diese verantwortungsvolle Aufgabe der Praxisanleitung für die jeweilige pädagogische Fachkraft attraktiv zu machen, benötigt es eine monatliche Sondervergütung dieser Aufgabe.    

Eine weitere Maßnahme zur Fachkräftegewinnung, welche Sie durch das Gute-Kita-Gesetz finanzieren, ist die sogenannte „Ausbildungsgratifikation“ für Berufsanfänger, welche Sie in Ihrem Schreiben von September 2021 ausführen. Damit sollen neu ausgebildete pädagogische Fachkräfte, welche eine nicht vergütete Ausbildung durchlaufen haben an das Berufsfeld gebunden werden. Die Berufsanfänger*innen können die Ausbildungsgratifikation beantragen, wenn sie drei Monate in einem unbefristeten, ungekündigten Arbeitsverhältnis beschäftigt sind. Unseres Erachtens nach schafft dies keinen Anreiz dauerhaft in einer Kita zu arbeiten.     Außerdem gibt es Fachkräfte, die nicht die Möglichkeit auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag haben. Diese Fachkräfte sind in diesem Fall benachteiligt.   

Wir als Verband streben an, die Rahmenbedingungen in den Kitas dauerhaft signifikant zu verbessern. Aus der Praxis wissen wir, dass der Hauptgrund, weshalb pädagogische Fachkräfte sich ein neues Arbeitsfeld suchen, die mangelhaften Rahmenbedingungen, die hohen Anforderungen und Stressoren sowie die verhältnismäßig geringe Vergütung sind.     Eine Maßnahme zur Steigerung der Attraktivität einer Ausbildung als pädagogische Fachkraft würde eine generelle Vergütung der Praxiseinheiten während der Ausbildung/des Studiums darstellen.    

Schlussendlich führt zufriedenes pädagogisches Fachpersonal zu qualitativ hochwertigen Kitas und somit verringert sich die Abwanderung in andere Berufe. Dies wirkt dem Fachkräftemangel entgegen und führt zu einer höheren Attraktivität.    Engagierte und gut ausgebildete pädagogische Fachkräfte sind für eine qualitativ hochwertige Bildung und Betreuung unerlässlich, weshalb es eine stimmige Fachkräfteoffensive benötigt.   

Eine gelingende und qualitativ ausgezeichnete frühkindliche Bildung ist in unseren Augen eng verknüpft mit der Schaffung hochwertiger Rahmenbedingungen. Für alle Kinder stellt der Besuch einer Kita den ersten Baustein in unserem Bildungssystem dar. Und gerade an diesem Fundament sollte nicht gespart werden, sondern in ein solides Grundgerüst investiert werden.     

Für Fragen, Informationen und einen persönlichen Austausch stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir sind der Meinung, dass es für solide Entscheidungen auch die Sicht aus der unmittelbaren Arbeitspraxis in Kitas benötigt und können an dieser Stelle unser breites Wissen und Erfahrungen einbringen.

Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen! 

Mit freundlichen Grüßen

Anja Braekow

AG Ausbildung (Juli 2021)

Um unsere Ziele zu erreichen, haben wir mit unseren Mitgliedern zu den einzelnen Zielen Arbeitsgruppen gebildet. Diese beschäftigen sich mit den Problemen, bearbeiten die Wünsche und Forderungen und geben diese dann an die zuständigen Behörden etc. weiter.

Da wir als pädagogische Fachkräfte immer sehr spät, wenn überhaupt, bei Veränderungen zu Wort kommen, haben wir in der AG Ausbildung beschlossen, uns so schnell wie möglich mit den Fachschulen zu treffen und zu besprechen.

Folgende Einladung ging an ausgesuchte Fachschulen des Landes Baden-Württemberg:

Sehr geehrte/r

als Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg möchten wir uns heute bei Ihnen vorstellen. Sie als Leiter/in einer Fachschule in Baden-Württemberg sehen wir als eine/n weitere/n Ansprechpartner/in für unsere Belange.

Seit unserer Gründung im Januar 2021 sind wir ein stetig wachsender und aktiver Verband. Wir sehen eine unserer Hauptaufgaben darin, pädagogischen Fachkräften eine bildungspolitische Stimme zu geben.

Gemeinsam mit Eltern, Trägern, Fachverbänden und Interessierten machen wir uns auf den Weg, um die Bedingungen in den Kitas in Baden-Württemberg bedeutend zu verbessern. Kitas müssen zu einem Ort werden, an dem Kinder, Eltern und Pädagogen zusammen wachsen, erleben und leben können – denn „Wir stehen für Veränderung!“.

Aus diesem Grund verfolgen wir kontinuierlich unsere Ziele:

           1. Verbesserung der Arbeitsbedingungen

           2. Anpassung an einen zeitgemäßen Personalschlüssel

           3. Einheitliche und praxisnahe Ausbildung

          4. Verpflichtende Zusammenarbeit zwischen Träger, Leitung, Team und Eltern

Gerade bei unserem 3. Ziel: Einheitliche und praxisnahe Ausbildung sehen wir Sie als wichtige/n Ansprechpartner/in. Bei dieser Arbeitsgruppe setzen wir uns mit unterschiedlichen Ausbildungsformen, Praxisanleitung und Lehrinhalten auseinander. Wir setzen uns auf mehreren Ebenen ein, unsere erarbeiteten Ziele zeitnah zu erreichen.

Sie können sich gerne vorab über unsere Arbeit informieren, unsere Webseite finden Sie unter: www.verband-kitafachkraefte-bw.de

Hiermit möchten wir Sie und/oder eine/n Vertreter/in Ihrer Fachschule zu einem runden Tisch einladen. Bei dieser Veranstaltung sind unsererseits Vorstandsmitglieder anwesend sowie Vertreter weiterer Fachschulen mit denen wir zusammenarbeiten sowie Auszubildende.

Dieser findet am 26.07.2021 von 14.30 – 16.00 per Zoom statt.

Unsere Gesprächsthemen, über die wir uns mit Ihnen austauschen möchten, sind:

  • Ausbildungspläne
  • Erwartungen
  • Zusammenarbeit
  • Praxiszeiten
  • PIA versus klassische Ausbildung

Es haben sich mehrere Fachschulen zurück gemeldet, leider konnte so kurzfristig einige nicht teilnehmen. Wir haben uns mit 7 Fachschulen aus unterschiedlichen Landkreisen ausgetauscht. Vom Verband anwesend waren Anja Braekow, 1. Vorstand; Monika Landmann, Mitarbeiterin der Öffentlichkeitsarbeit und Carolin Vater, Gründungsmitglied.

Folgende Themen wurden besprochen:

  1. Vorstellungsrunde
  2. Pia vs klassische Ausbildung

Die Fachschulvertreter sind sehr zwiegespalten in der Einschätzung, in welchen Ausbildungsgang in Zukunft eher „investiert“ werden sollte. Im Laufe des Austausches kristallisiert sich heraus, dass die Meinung in Richtung Beibehaltung beider Ausbildungsgänge bzw aller derzeit angebotenen Ausbildungsgänge tendiert.

Zum einen unterscheidet sich das Klientel (vom Alter und auch Bildungsstand) in den Ausbildungsgängen stark und zum anderen wird argumentiert, dass je mehr Ausbildungsgänge angeboten werden können, umso eher erreicht man Menschen für die Ausbildung (Fachkräftemangel). Wobei die Bezahlung der Ausbildung von Anfang an die Wertschätzung der Ausbildung erhöht. Für die Vertreter*innen der Fachschulen sind beide Ausbildungsformen sinnführend und sollten beibehalten werden.

Die Idee des Blockunterrichts stellt die Schulen zum Teil vor organisatorische Probleme. Außerdem werden Bedenken hinsichtlich der langen Abwesenheit in beiden Bereichen geäußert.

Mehr Praxis würde man allgemein für sinnvoll erachten, sieht hier aber Probleme in der Umsetzung der Vermittlung der Theorie. Vorstellbar wäre eine Kombination aus Block.- und Tagespraktika.

Vor allem für Kinderpflege wären Blockpraktika sinnvoll.

  • 3. Zusammenarbeit zwischen Praxis und Theorie

Insgesamt wünschen sich beide Seiten einen besser strukturierten, regelmäßigen und intensiveren Austausch.

Meist fehlt hierfür das entsprechende Zeitkontingent. Ein regelmäßiger Jour Fixe für Praxisstellen und Lehrer würde begrüßt.

Die Voraussetzungen die die Auszubildenden mitbringen bringt einen höheren Betreuungsaufwand mit sich.

Auch hier sind wir mit den Fachschulen einig, dass es mehr Deputat zur Ausbildung geben muss. Praxisanleitung ist kein Ehrenamt. Ausbilder*innen brauchen Zeit, Vergütung und eine Weiterbildung.

Außerdem sehen die Schulen, dass sich Teamproblematiken stark auf die Qualität der Ausbildung in der Praxis und den anschließenden Berufsverbleib auswirken. Hier sollten die Träger stärker in die Pflicht genommen werden.

Ein Praxisbesuch zum Kennenlernen wäre wünschenswert.

Insgesamt kristallisiert sich die Meinung heraus, diese Thematiken noch einmal auf regionaler Ebene zwischen Praxisstellen und Schulen zu klären.

  • 4. Ausbildungspläne

Ausbildungspläne und Leitfäden werden von den Schulen individuell gestaltet. Grundlage hierfür ist die Ausbildungsverordnung für BAWÜ. Diese ist auf der Homepage des Landes einzusehen.

Viele Schulen reflektieren diese regelmäßig im Kollegium. Sinnvoll wäre es hier die Stimmen aus der Praxis und die der Schüler*innen mit einzubeziehen.

Die Schüler*innen bekommen die Pläne jeweils zum Beginn des Schuljahres ausgehändigt und sollen diese in die Praxis weiterkommunizieren. Dies gelingt leider oft eher nicht.

Auch hier könnte ein strukturierterer Austausch zwischen Schule und Praxisstelle zielführend sein.

Zusammenfassend möchten wir uns für diesen wertschätzenden und offenen Austausch bedanken, es ist für beide Seiten wichtig im Dialog zu bleiben. Es haben sich noch weitere Vertreter anderer Fachschulen gemeldet, diesen werden wir dieses Protokoll zusenden und planen im Herbst einen weiteren runden Tisch. Ein Protokoll dieses Treffen haben wir auch dem AK Frühe Bildung der Grünen zukommen lassen, das Thema Ausbildung muss und wird auch im Kultuministerium angepackt. Wir wünschen uns hier eine gute und zukunftsweisende Zusammenarbeit.